Nachdenkliches

Bücher (die aus Papier :), Geschichten, Gedichte (gern auch Selbstgeschriebenes) sowie literarische Verfilmungen sind Themen dieses Forums.

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hafensaenger
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Beitrag von hafensaenger »

Sadness is a colour,
and it wraps inside me tightly
like coils of silk,
wet with blood.

But sadness is not red.

It drips into my soul
like a slow slow ocean,
and fills me with water
until I feel I will drown.

But sadness is not blue.

It surrounds me like a void
and I am lost
in nothing.
Forever.

Yet sadness is not black.

It grows inside me like a tree,
spreading out
to fill me with its branches
and empty foliage.

But sadness is not green.

Sadness is not a colour,
but it wraps inside me tightly
like coils of my soul,
wet with blood.
"We choose our joys and sorrows
long before we experience them."

- Kahlil Gibran-
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Ephirnion
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Beitrag von Ephirnion »

Wünschelrute
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Trifft man nur das Zauberwort.
Joseph von Eichendorf (1835)
Veris dulcis in tempore
Florentis stat sub abore
Nymphenzeit
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Selinea
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Beitrag von Selinea »

Schwer zu beschreiben was diese Texte auslösen können.Trost,Trauer,Hoffnung,Wärme, Sehnsucht nach etwas...

Mir fehlt leider ein wenig das Geschick mit Worten zu Treffen das mehr als ein plumpes blabla wird.
Es ist aber schön das es Menschen gibt die das können.:)

Danke!
Selinea
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Rezeguet
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Beitrag von Rezeguet »

ach ja....

damals als ich noch älter war


Crimson flames tied through my ears
Rollin' high and mighty traps
Pounced with fire on flaming roads
Using ideas as my maps
"We'll meet on edges, soon," said I
Proud 'neath heated brow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now.

Half-wracked prejudice leaped forth
"Rip down all hate," I screamed
Lies that life is black and white
Spoke from my skull. I dreamed
Romantic facts of musketeers
Foundationed deep, somehow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now.

Girls' faces formed the forward path
From phony jealousy
To memorizing politics
Of ancient history
Flung down by corpse evangelists
Unthought of, though, somehow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now.

A self-ordained professor's tongue
Too serious to fool
Spouted out that liberty
Is just equality in school
"Equality," I spoke the word
As if a wedding vow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now.

In a soldier's stance, I aimed my hand
At the mongrel dogs who teach
Fearing not that I'd become my enemy
In the instant that I preach
My pathway led by confusion boats
Mutiny from stern to bow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now.

Yes, my guard stood hard when abstract threats
Too noble to neglect
Deceived me into thinking
I had something to protect
Good and bad, I define these terms
Quite clear, no doubt, somehow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now
Daily Telegraph hat geschrieben:"Ein englischer Klub schlägt einen deutschen im Elfmeterschießen - notiert diesen Tag in euren Geschichtsbüchern."
Bild
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hafensaenger
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Beitrag von hafensaenger »

Gehe deinen Weg gelassen
Im Lärm und in der Hektik dieser Zeit
Und behalte im Sinn
den Frieden,
der in der Stille wohnt.



bemühe dich,
mit allen Menschen auszukommen,
soweit es dir möglich ist,
ohne dich selbst aufzugeben.



sprich das,
was du als wahr erkannt hast, klar aus,
und höre anderen Menschen zu,
auch den Langweiligen und Unwissenden,
Denn auch sie haben etwas zu sagen.

Meide aufdringliche und aggressive Menschen,
denn sie sind ein Ärgernis für den Geist.
Vergleiche dich nicht mit anderen
damit du nicht eitel und bitter wirst
denn es wird immer Menschen geben,
die grösser sind als du,
und Menschen die geringer sind.

Erfreue dich an dem,
was du schon erreicht hast
wie auch an deinen Plänen
Bleibe an deinem beruflichen Fortkommen
interessiert;

Wie bescheiden es auch sein mag,
es ist ein echter Besitz in den Wechselfällen der Zeit.
Sei vorsichtig in den geschäftlichen Angelegenheiten,
denn die Welt ist voller Trug.
Lass dich dadurch nicht blind machen,
für die Tugend, die dir begegnet.

Viele Mneschen haben hohe Ideale,
und wo du auch hinsiehst,
ereignet sich im Leben heldenhaftes.

Sei du selbst,
und was ganz wichtig ist,
täusche keine Zuneigung vor.


Hüte dich davor,
der Liebe zynisch zu begegnen,
denn trotz aller Dürreperioden
und Entäuschungen
ist sie beständig wie das Gras.

Nimm den Rat, den dir
die Lebensjahre geben,
freundlich an,
und lass mit Würde ab von dem,
was zur Jugendzeit gehört.

Stärke die Kraft
Deines Geistes,
So dass sie dich schützt,
Wenn ein Schicksalsschlag
Dich trifft. Doch halte
deine Phantasie im Zaum,
damit sie dich nicht
in Sorge versetzt.

Viele Ängste
wurzeln in Erschöpfung
und Einsamkeit.



Übe gesunde Selbstdisziplin,
Doch vor allem
Sei gut zu dir.

Du bist ein Kind
des Universums, nicht weniger
als die Bäume und die Sterne:
du hast ein Recht,
da zu sein.

und ob es dir nun bewusst
ist oder nicht:
ganz sicher entfaltet sich
das Universum so,
wie es ihm bestimmt ist.
Lebe daher in Frieden mit Gott,
wie auch immer du ihn
dir vorstellst.



und worauf du
deine Anstrengungen auch richtest,
was es auch ist, das du erstrebst,
Im lärmenden durcheinander des Lebens
sei mit dir selbst im reinen.



Trotz allen Trugs,
aller Mühsal
und aller zerbrochnen Träume
die Welt doch wunderschön.



Sei heiter.



Strebe danach
glücklich zu sein.



Max Ehrmann (1872-1945)
"We choose our joys and sorrows
long before we experience them."

- Kahlil Gibran-
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Tantalusss
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Beitrag von Tantalusss »

VOR WAS HABE ICH ANGST ???

Eines Nachts,
als ich nach hause lief,
habe gerade an nichts gedacht,
als ein schrei die nacht durchbricht

Ich beginne zu laufen,
Pferde getrappel hinter mir
hinter mir, ein dutzend ein haufen
ich sehe die reiter, an der zahl vier.

Vier Reiter auf schwarzen hengst
die panik kommt hoch
nun habe ich angst

Drei der vier ritten zur seite
doch einer kam heran
Ich versuchte zu suchen ferne weite
Die Stimme des Reiters kam bei mir an

"Vor wem oder was
Suchst du das weite
Weder voll Zorn noch voll hass
Reit' ich nun an deiner Seite"

Ich merke die Flucht hat keinen Sinn
So schnell ich auch renne, so langsam ich bin

Der Reiter, vor mir angekommen
Meine Sinne scheinen benommen.

Ein gellender Schrei entgleitet der Nacht
An jenem Zeitpunkt weder geplant, noch gedacht

Der Reiter vor mir, den Schwarzen Helm auf den Schultern
stieg von seinem Gaul herunter

Nun stand er vor mir und schien im innern zu lächeln
Meine Angst hörte man hecheln.

Der Helm nun nicht mehr auf seinem Kopfe
Doch glauben konnte ich's nicht
Man hörte die Schweissperlen tropfen
Vor dem ich da flüchte ... Das bin ja ich...


grüße
Tantalusss
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Brân
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Beitrag von Brân »

Herbstwind

Herbstwind streift durch bunte Blätter
Die Tage werden immer kürzer
Kalt ist's und Samhain nicht weit.

Vor mir liegt ein Fotoband
Erinnerung
Aus ferner Zeit

An Schönheit hat es nicht gefehlt
Die Wehmut läßt mich kurz erschauern
Was damals war ist längst schon fort.

Dennoch bleibt ein Teil von mir
Als Pfand
Für immer dort


aufgeschrieben am 1. Oktober 1997
[center] "Gute Menschen sind ansteckend!"

Bild
Brân ...fliegt in die dunkle Nacht hinaus... cora cora[/center]
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naria
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Beitrag von naria »

sie ist
eine puppe
ihr lächeln
hat nichts zu bedeuten
ihr atmen
ist nur ein reflex
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Megamalmer
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Beitrag von Megamalmer »

naria hat geschrieben:sie ist
eine puppe
ihr lächeln
hat nichts zu bedeuten
ihr atmen
ist nur ein reflex
Ein gutes Gedicht über Mariah Carey ! ;)
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Rezeguet
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Beitrag von Rezeguet »

Er ist herein gekommen und hat das Flimmern mitgebracht. Und ein jeder hat gespürt, daß etwas nicht stimmt. Acht Köpfe sind in die Höhe (geschnellt) und ein jeder hat gewußt, wer an der Reihe ist.
Sie ist dran gewesen und die anderen sieben haben weiter gegessen und versucht, ihre Köpfe ganz tief in den Futtertrog hineinzustecken. Bloß Sie hat keinen Bissen mehr hinuntergebracht.
Es war ein Montag. Ja, ein Montag muß es gewesen sein, der Tag, nach dem Tag, an dem sich alle ihr schönen Kleider anziehen und an dem die Glocken den ganzen Tag läuten. Und das Flimmern hat zugenommen, an diesem Montag.
Die Luft war erfüllt davon.
Die anderen haben weiter gegessen. Sie alle wußten, es ist Ihr Tag. Nicht der Ihre. Und Sie ist dagestanden und hat zum Heulen angefangen.
Die Sonne ist gerade aufgegangen an diesem Montag. Und Sie hat gewußt: Sie wird Sie heute nicht mehr untergehen sehen.
Sie hat das Gefühl nicht beschreiben können. Sie hat bloß immer am Rande mitbekommen, wie es für die Anderen vor Ihr Montag geworden ist. Aber heute war Ihr Montag. Und Sie war überwältigt (?) von dem Flimmern in der Luft.
Sie wußte, daß Sie die Sonne heute nicht mehr untergehen sehen wird, und wer das erkennt, der weiß, daß es nichts mehr zum Dazulernen gibt. Der weiß, daß Seine Zeit um ist. Und wenn Ihr irgend jemand in diesem Moment in die Augen geschaut hätte, da bin ich mir sicher, derjenige hätte aus allen Scheißtagen Sonntag gemacht. Und es hätte keine Montag mehr zu kommen brauchen, weil Sie jeden ihr schönes Gewand angehabt hätten und alle Tage wären die Glocken zu hören gewesen.
Aber es hat Ihr keiner in die Augen geschaut. Selbst Er nicht, wie Er die Tür aufgemacht hat. Ja nicht einmal Er hat zu Ihr hingeschaut und gerade weil Er nicht hingeschaut hat, ist aus dem ganz normalen Tag Ihr Montag geworden.
Das Flimmern hat zugenommen und ist unerträglich geworden, als der Stall aufgerissen wurde und zwei Fremde eintraten. Stellen wir uns vor, Sie hätten denken, fühlen und sehen können wie wir.
Ich weiß ja nicht, ob schon einmal erforscht worden ist, wie eine Kuh denkt, fühlt oder sieht. Wahrscheinlich nicht. Sonst würden Sie ja nicht das alles mit Ihnen anstellen, was Sie tun. Aber heute, jetzt, hier, stellen wir uns ganz kurz vor, Sie hätte denken können. Was hätte Sie wohl gedacht?
Ich glaube, Sie hätte sich das Selbe gedacht, wie Wir, wie Ich: Ein wenig noch, ein wenig noch dableiben dürfen. Dort, wo Sie alles kannte. Jeden Baum, jeden Vogel, ja sogar die Blumen, das Schreien der Kinder und die Leute, die sich jeden Tag die Milch holten, das Streicheln und das Kraulen.
Ja, Sie wollte einfach noch ein wenig dableiben.. Sie fror, wo es gestern noch so warm war.
Und Sie war allein, wo es gestern noch keine Einsamkeit gab.
Warum hat ihr Keiner in die Augen geschaut und aus allen Scheißtagen Sonntag gemacht?
Warum können wir Ihr das nicht zugestehen, genauso zu sehen, zu denken, zu fühlen wie wir?
Die Hinterfüße sind Ihr plötzlich eingeknickt und ein unsagbarer Schmerz hat Ihr Tränen in die Augen gedrückt.
Der Elektroschocker surrt und Sie schreit auf. Ketten klirren im Stall, Unruhe, aber der Bauer schreit: "Ho, ho, ist schon gut", und Sie schreit und rutscht in Ihrer eigenen Scheiße aus und bricht sich einen Hinterfuß.
Aber was für ein Schmerz könnte größer sein als das Bewußtsein, heute die Sonne nicht mehr untergehen zu sehen. (Und dieses Bewußtsein gestehe ich Ihr einfach zu, sonst wären alle meine Gedanken Lügen). Sie treiben Sie aus dem Stall. Ihr gebrochener Fuß baumelt an Sehnen und Haut. Sie zwingen Sie in den Anhänger hinein. Aber Sie weiß: wenn Sie da drin ist, ist es vorbei, und egal was Sie versucht, Sie dreschen auf Sie ein und blutüberströmt steht Sie plötzlich drinnen und schaut in hunderte von Augen, die die Sonne heute nicht mehr untergehen sehen werden.
Ja, (Leute), die Augen waren es, wir hätten hinein schauen sollen in [diese] (die) Augen. Und wenn wir wirklich nach dem Ebenbild irgendeines Gottes gemacht worden wären, dann hätten wir Mitleid gehabt. Ja, dann hätten wir Mitleid gehabt und (zumindest) wenigstens versucht, aus allen Scheißtagen Sonntag zu machen. Ja, dann hätten wir uns bedankt und nicht bloß (hinein) gefressen und geschissen. Sie sind hin und her gefallen in [diesem] (dem) Hänger und haben sich gegenseitig die Bäuche aufgeschlitzt und sind auf ihren eigenen Gedärmen ausgerutscht.
Väter, Mütter, Schwestern, Brüder, Freunde, Fremde. Und alle das selbe Bewußtsein. So sind Sie dagestanden und obwohl Sie nicht in meiner Sprache zu mir sprechen [mit mir reden] konnten, mußte ich Ihnen in die Augen schauen und mein ganzes Leben hat sich in diesem Augenblick verändert.
Ich sah, daß Sie genau sieht, was da passiert, und Sie hat auch gesehen, daß ich nichts tue, daß nichts geschieht. Ich schaute Ihr in die Augen und weinte mit Ihr geweint und schämte mich dafür, daß ich nichts tun konnte und feige war.
Ich hörte ihre Gedanken und hörte, wie Sie betete, und kein Lebewesen auf dieser Welt war Gott in diesem Augenblick näher als Sie. Dieses eine Lebewesen, das sterben mußte, weil wir vergaßen, daß wir dazu gehören. Was fanden wir nicht an Gründen für Ihr Sterben, zuwenig Milch, nicht mehr produktiv, zu alt. Ja Sie hat sterben müssen, weil Sie zu alt wurde. Aber alles wird alt auf dieser Welt, (Sackra) alles, alles wird alt auf dieser Welt und wir haben überhaupt keinen Grund, daß wir uns einmischen. Alles muß alt werden dürfen sonst geht der Wert verloren. Und Sie war nichts mehr Wert und ist trotzdem für uns gestorben.
Ja, dieses Bewußtsein müssen wir Ihr zugestehen und wir werden in diesen Augen nichts anderes sehen als in jenen, die in den Köpfen jener kleinen Lebewesen waren, die in Vietnam, am ganzen Körper verbrannt, vor den Napalmbomben davonliefen.
Es waren solche Augen.
Es waren die selben Augen.
Heute war ein besonderer Tag für mich. Ich habe meine Schuhe bekommen. Ich trage meine alten Schuhe auch noch, aber diese Schuhe hat mir mein Sohn gefertigt. Ja, mein Sohn ist Schuster geworden.
Ich sitze unter seinem Baum und sehe zweiunddreißig Jahre über mir in den Himmel ragen. Vor zweiunddreißig Jahren habe ich Ihn pflanzen lassen und da war Er schon fünfunddreißig Jahre alt und zehn Meter hoch. Ich sitze so da, daß ich Seine Brüder alle im Blick habe. Für Dustin ein Tanne und für Robert eine Rotbuche. Ich erinnere mich an jeden Ast, der dazu gewachsen ist, und an kenne jeden Quadratzentimeter Rinde.
Manchmal glaube ich sogar, daß ich die Vögel kenne und deren Kinder. Ich sitze da und blicke zweiunddreißig Jahre zurück. Der einzige Kontakt zur Außenwelt sind die weißen Streifen am Himmel, die mich wissen lassen, daß Sie noch immer nicht haben los lassen können. Ich bin jetzt dreiundsiebzig und seit zwanzig Jahren ist in der Gemeinde Marzoll kein Kind mehr auf die Welt gekommen und es wohnen noch sechshundertelf Menschen hier. Die Häuser, in denen keiner mehr wohnt, haben wir zurückgegeben und aufgacht(?) und wir können zuschauen, wie sich die Natur alles zurück nimmt. Stück für Stück. Vögel haben ihre Nester in Wohnzimmer gebaut und Baumkronen haben sich durch Dächer gedrückt. Seit zweiundzwanzig Jahren ist kein Kind mehr bei uns auf die Welt gekommen. Und so sind unsere Kinder immer Kinder geblieben für uns und wir haben Ihnen versprochen, daß wir später ihre Kinder werden, da dürfen Sie uns dann füttern und hinten wischen und sie nehmen unsere Hände und führen uns über die Straße wenn wir auf einen Kindergeburtstag von einem Freund gehen. Wir haben uns entschieden, zu gehen. Und wir haben entschieden, wann wir gehen.
Mein Gott, war das ein Wahnsinn, die ersten acht neun Jahre.
Bis Sie gemerkt haben, daß wir nur das Dorf wollten und nicht die ganze Welt.
Mein Gott, war das ein Wahnsinn.
Menschen sind verfolgt, geschlagen, eingesperrt und ermordet worden, weil eine Straße gesperrt wurde. Unsere Kinder haben wir nicht mehr hinaus lassen können, aus Angst davor, daß Sie nicht mehr heimkommen, weil die vier Kilometer Umweg fahren mußten. Vergewaltigt und geplündert haben Sie.
Dabei wollten wir nur das Dorf und nicht die ganze Welt. Wir sagten uns eines Tages los von Euch da draußen und haben uns genommen was gehört. Die Welt. Ja, sie gehört uns und nicht Euch oder Ihm oder Ihr, uns gehört Sie und wir haben endlich damit angefangen auf Ihr zu leben. Und wir haben nach unseren Regeln gelebt und nicht nach den Ihrigen. Wir haben keine mehr ins Dorf gelassen, der nicht bereit war, daß er alles hergibt, weil er alles von uns bekommt. Nach ein paar Jahren gab es Autos mehr, keine Fernseher, keine Toaster, keine Föhne und Trockenhauben. Die Kartoffeln wachsen nicht schneller, wenn ich sie an einem Tag eingesetzt habe, an dem ich mir die Haare geföhnt habe. Wir wollten einfach nichts mehr haben. Wir wollten wieder einmal etwas bekommen. Und wir haben alles bekommen. Und wir haben unseren eigenen Strom bekommen und unser eigenes Wasser. Und wir haben uns entschlossen, daß wir uns nicht mehr vermehren. Bis wir es im Griff haben. Dadurch sind wir unerpreßbar und mutig geworden. Wir haben wieder ein Gewissen und Stolz bekommen. Ja, genau hey.
Ja, ich habe einen Vertrag mit Ihm gemacht und wir haben beide unterschrieben. Ich in meiner Handschrift, und er in seiner. Ich glaube, es war ein Montag, als ich hinaufgestiegen bin um meinen Farn zu gießen. Ich nahm die Gießkanne und stieg über die Balken im ersten Stock. Genau in dem Moment, wo ich die Gießkanne mit zwei Händen nehmen wollte, hat er unterschrieben und mir eine Watsche gegeben. Ich fiel, mit dem Kopf voraus, zwischen den Balken hindurch auf die eichene Werkbank meines Großvaters, die vier Meter weiter unten stand. Im ersten Moment wußte ich gar nicht was los war. Bis ich das Blut sah, das auf den Teppich tropfte, und das mir warm über die Brust lief.
Langsam dämmerte es mir, daß ich doch noch gerade eben noch oben war und jetzt stand ich da und blutete.
Ja, dann muß ich wohl herunter gefallen sein.
Er hat unterschrieben und er hat mich ganz bewußt nicht sterben lassen. Ich sah die zwei Mikrofonständer neben mir stehen und wußte es.
Die rechte Hand drückte ich gegen meine Hinterkopf und das Blut rann mir durch die Finger. Mir war ein wenig schwindlig. Ich ging zum Telefon und rief zuerst meine Frau an, dann erst den Sanka. Ich öffnete alle Türen, legte mich in den Hausgang und wartete auf den Notarzt. Ich war ganz klar im Kopf. Und dürfte ich etwas sehen, was wenige sehen dürfen, wenn sie danach noch weiterleben.
Ich dürfte in meine Augen schauen und ich sah, daß es solche Augen waren. Ich dürft mich da liegen sehen, mit dem ‚Bewußtsein,, daß ich sterben muß, und ich sah genau das selbe in meinen Augen, was ich in den Ihren sah. Ich fühlte und dachte das selbe.
Ich wollte einfach noch nicht sterben.
Ich wollte noch ein bißchen dableiben bei meinen Kindern, in unserem Garten, mit unseren Bäumen und den Vögeln, die mich alle kannten. Ich wollte einfach nicht sterben.
Nicht, weil ich davor Angst gehabt hätte. Nein, ich wußte, daß ich noch nicht fertig bin und ich wußte, daß ich noch einmal werde kommen müssen. Ich wollte einfach fertig werden und nicht mehr wieder kommen müssen. Aber ganz egal, was ich wollte, in diesem Moment hatte ich es nicht in der Hand, und so mußte ich Ihn entscheiden lassen, was aus mir wird. Er hätte mich sterben lassen können und nichts auf dieser Welt hätte sich geändert. Es wäre alle so weiter gegangen wie immer. Der Regen, die Sonne, Winter Frühling, der Wind, Auf die Welt kommen und sterben. Nichts hätte sich geändert.
Aber wozu hätte er mich dann in meine Augen schauen und wozu dieses Bewußtsein spüren lassen?
Dort drüben bei Ihm brauche ich kein Bewußtsein und keine Augen. Nein, er hat mich leben lassen mit der Erinnerung an meine Augen und dem Wissen, daß Er allmächtig ist und daß das seine Art ist, einen Vertrag zu unterschreiben. In dem Vertrag standen ein paar Regeln, an die ich mich augenblicklich gehalten habe.
In dem Vertrag stand, daß ich mir nie wieder anmaßen würde, zu glauben, daß ich etwas besseres bin als irgend ein anderes Lebewesen auf dieser Welt.
In dem Vertrag stand, daß wir füreinander sorgen und aufeinander aufpassen würden, daß wir nichts nehmen, was wir nicht freiwillig bekommen und daß uns nichts zusteht, was wir uns erzwingen müssen, daß wir uns bedanken für alles, was wir bekommen, bis wir wieder in Frieden und Ruhe auf dieser Welt leben und nicht gegen sie.
In dem Vertrag stand, daß alles Alles werden darf auf dieser Welt, in der Werte nichts zählen bis wir keine Sprache mehr brauchen, weil wir uns wieder in die Augen schauen. Und dann ist da noch gestanden, daß ich weiß, daß ich nur Gast bin auf dieser Welt und dafür Sorge trage, daß ich Alles auch so hinterlasse, daß nach mir auch Andere alles übernehmen können, und wenn es ein Baum übernimmt, ohne daß er krank wird. (?) Ja, ein Vertrag, in dem ich die Welt als Gott anerkenne und Sie ist die einzige, die Unterschiede machen darf, weil Sie die Unterschiede gemacht hat.
Ein Vertrag, in dem ich den wahren Glauben glaube und lebe, nur den Einen, und ich habe nicht die Wahl zwischen dem Einen und dem Anderen, weil es nur den Einen gibt, den einen Glauben, daß ich weiß, daß wir alle Gott sind, weil wir von Ihm sind, auf Ihm sind und Er in uns ist. Den Glauben, daß wir uns nicht lieben müssen, sondern daß Respekt genügt.
Ja, ein Vertrag, in dem es keine Montage mehr gibt. Und wir haben immer unser schönes Gewand an und sind sauber.
Ich weiß nicht mehr so genau, wie das damals war, als ich auf die Welt gekommen bin. Wahrscheinlich war es ein Montag, ich weiß nicht, aber es könnte einer gewesen sein. Ich kam auf die Welt an einem 24. Dezember und habe mit dem Datum lange nichts anzufangen gewußt. Außer, daß immer Weihnachten war und ich dann ein Jahr älter wurde.
Ja, irgendwann kam ich auf die Welt und das erste was ich spürte, war, daß irgend etwas nicht stimmen konnte. Am Anfang war es nur ein Gefühl des Unwohlseins. Später erst fand ich das richtige Wort dafür.
Krieg.
Ja, es war Krieg dort, wo ich war, und ich kam mitten in diesem Krieg auf die Welt.
Ich denke, daß ich trotz allem ein Kindheit hatte, wie die meisten in meinem Alter zu jener Zeit. So bin ich nicht mißhandelt oder geschlagen worden. Auch habe ich keinen Hunger leiden und nicht in Lumpen herumlaufen müssen. Eigentlich war alles normal und das wäre es auch geblieben, wenn ich nicht weiter gewachsen wäre. Aber ich bin an einem 24. Dezember auf die Welt gekommen und so war auch bei mir schon alles festgelegt, ohne daß irgendwer etwas hätte ändern können.
Es war Krieg, da wo ich war, und ich war nicht allein in diesem Krieg. Ich hatte schon einen Bruder, der eineinhalb Jahre älter war als ich, und am Anfang glaubte ich wirklich, daß Er Schuld an diesem Krieg hatte. Aber dann bin ich weiter gewachsen und erkannte, daß man nicht durchs Geboren werden automatisch auch ein Schuldiger wird.
Ein Schuldiger, der daran Schuld ist, daß man jetzt jede Mark zweimal umdrehen muß, daß man nicht einfach einmal nichts tut, nein, jetzt hat etwas getan werden müssen. Arbeiten, Waschen Kochen, Spazieren gehen, eine größere Wohnung, und Sparen fast bis zum Geiz, Lügen, Lügen, Lügen. Das gibt es nicht, daß man das automatisch wird.
Schuldig.
Man kann auch schuldig werden oder ein Beschuldigter, aber man ist nicht von Anfang an schuldig. Dann kämen ja (hier) nicht Menschen auf die Welt, sondern Nazis und Juden und Moslems und Türken und was der Teufel wie Sie sie alle nennen.
Nein, da kommen Menschen auf die Welt, Lebewesen, zufällig auf einem Teil dieser Welt geboren, zu dem irgendwer irgendwann Türkei oder Deutschland gesagt hat, wahrscheinlich an einem Montag. Stellen wir uns vor, er hätte die Welt nach seinen Körperteilen benannt und ich kann mir einfach vorstellen, daß es das Wort Arsch schon vor dem Wort Österreich gegeben hat, dann wäre heute Deutschland die rechte und Österreich die linke Arschbacke von dieser Welt und genau mitten drin, wo Sie heute Berchtesgaden und Salzburg dazu sagen, wäre das *** netter Mensch *** und auf der anderen Seite, da wo Sie heute Australien dazu sagen, wäre dann der Schwanz und die Australier wären lauter Schwänze.
Oouu, würden wir sagen, schau hin, da fahren zwei Schwänze vor uns im Lift den Obersalzberg hinauf und Sie würden sich umdrehen und zurück schreien, hallo Arschlöcher, und würden freundlich lachen, ist nice, to bee hear again, und wir würde zu Ihnen vor schreien, Ihr Schwänze, we are so happy to see you.
Nein, wir kommen nicht schuldig auf die Welt, von Anfang an sind wir unschuldig und mein Bruder war es auch.
Aber es war Krieg und in Ihren Augen war er daran Schuld, weil er gekommen ist. Und weil er Sie gezwungen hat, weiter zu wachsen, sind Sie gerade extra nicht weiter gewachsen.
Es war Krieg und er ist ein Grund geworden für alles, was nicht funktioniert hat und es hat nichts funktioniert in diesem Krieg, in keinem Krieg funktioniert (irgend) etwas.
Wir sind miteinander aufgewachsen, und in all den Jahren die wir miteinander im Krieg waren, hatte er die Funktion von einem Schutzschild für mich. Alles hat er abbekommen. Die leichten Verletzungen und die schweren und die unheilbaren. Er war immer vor mir. Er war ja der Grund, er war ja schuld. Er war der erste. Bei mir war es schon egal. Er war Schuld. Ich bekam schon auch meine Querschläger, aber das alles ist mit der Zeit verheilt. Bei meinem Bruder waren die Verletzungen unheilbar.
Da sitzt er heute und versucht, seine Schuld zu verdrängen, und weil er so mit dem Verdrängen beschäftigt ist, kann er nur noch da sitzen und nicht anderes mehr tun. Ich habe so viel mit Ihm geredet und so viel (um) [über] Ihn geredet aber er ist seinen Verletzungen erlegen und hat aufgegeben.
Er war der Grund, weshalb zwei Menschen zusammen bleiben mußten, die nur einen kurzen Augenblick von der Ewigkeit wollten und nichts andere als das eine. Und das steht Ihnen ja zu und ich bin sicher, daß Sie Ihn nicht einmal hätten lieben müssen. Respekt hätte genügt. Respekt vor diese Unschuld, Respekt vor diesem Lebewesen, Respekt vor dieser Welt und Respekt vor Gott. Nur Respekt hätte es dazu gebraucht und der Krieg hätte nicht stattgefunden. Sie hätten einen respektvollen Weg suchen und finden müssen, damit Sie meinen Bruder aus dem Krieg, welcher der Ihre war, heraus halten.
Respekt wäre die Konsequenz gewesen, wenn Sie sich nach der Geburt meines Bruders hätten sterilisieren lassen und dieser Familie wäre viel Leid erspart geblieben. Aber Sie haben sich für Krieg entschieden und je älter wir wurden, desto größer wurde der Krieg. Mein Opa, meine Oma, meine Tanten und Onkel, Kusinen, wir waren alle im Krieg und ein jeder schaute, daß er da wieder irgendwie heil heraus kommt. Wir waren immer noch nur kleine Kinder und schuldlos, schuldig wurde n wir erst viel später.
Mein Bruder war ein kleiner Bub, der in den Arm genommen werden wollte und zu dem man sagt, das wird schon wieder, wenn er sich weh getan hatte. Er war ein kleiner Bub, der nicht an allem Schuld sein wollte, er wollte sich hinzu kuscheln können und wissen, daß wer aufpaßt auf ihn. Er war ein kleiner Bub und unschuldig und an dem Tag, an dem Sie ihm seinen Kopf herunter geschossen haben, ist die ganze Welt schuldig geworden, daß Sie wieder einen Sohn Gottes an das Kreuz genagelt haben.
Ja, ich kann mich noch genau erinnern, wie Sie ihm den Kopf herunter geschossen haben und mir läuft es kalt über den Buckel herunter, wenn ich daran denke. Wenn alte Fotos anschaue aus jener Zeit, dann fallen mir die Augen auf von Ihm und ich sehe, daß es genau die selben sind wie von Ihr.
Es war ein schöner Wintertag und es hatte geschneit und geschneit und geschneit. Ich glaube, es waren Ferien und wir haben draußen bleiben dürfen in unserer Schneeburg.
Es war schon finster.
Wir waren kleine Buben und Mädchen, die kurz an Krieg dachten und glücklich, wie kleine Kinder sein sollen. Wir spielten und lachten miteinander und vergaßen, daß wir schuldig waren.
Mein Opa verließ das Haus, weil er aufs Klo gehen wollte. Das Klo war damals außerhalb des Hauses. Erst später kam es dazu, daß man in die Häuser scheißt. Mein Opa ging hinaus und wir alle haben ihn natürlich gleich mit Schneebällen bombardiert und er hat sogar noch ein paar zurück geschmissen.
Oh Gott, kein Krieg, keine Schuld, keine Grund dazu hat es gegeben, wir wollten einfach nur Kinder sein, lustig, frech und haben gelacht und geschmissen. Aber es war Krieg und urplötzlich ist eine Bombe explodiert, die meinem Bruder den Kopf herunterriß. Irgendeiner von uns hat meinen Opa im Gesicht getroffen und die Brille war kaputt und wer anders als mein Bruder hätte die Rolle des Schuldigen übernehmen können?
Wir alle, ein jeder von uns hätte es sein können. Aber mein Opa packt die Schneeschaufel und läuft schreiend auf meinen Bruder zu und ich weiß noch heute, nach so langer Zeit, daß er ihn erschlagen hätte. Er hätte ihn ohne mit der Wimper zu zucken erschlagen. Wie einen Hund. Er hätte ihn umgebracht. Er rennt auf meinen Bruder zu und ich werde das Aufheulen, dieses Schreien, die Angst in seinen Augen, die Hoffnung, daß es diesmal nicht er war, dieses davon Laufen, die Arme überm Kopf, und sich verstecken müssen. Oh Gott, ich werde das nie vergessen, wie Er spät in der Nacht heimgekommen ist mit einem verrotzten Gesicht. Stundenlang saß meine Mutter im Wohnzimmer am Fenster und hat auf Ihn gewartet. Wir haben ihn so lange gesucht. Keiner wußte, wo Er war. Ich weiß es heute noch nicht. Er kam herein geschlichen. Es gab keinen Ausweg. Ich weiß noch, daß Er nicht geschimpft worden ist von meiner Mutter. Aber wie ich seine Augen sah, wußte ich, daß Er schon auf dem Hänger war und Sie sind blutüberströmt auf seinen Gedärmen herum gestrampelt.
Mein Bruder hatte Todesangst und wenn irgendein Lebewesen auf dieser Welt gehabt hat, war es danach nie mehr das selbe.
Mein Bruder hatte Todesangst und meine Mutter hat von diesem Tag an, über zwanzig Jahre lang, Nach für Nacht, am Wohnzimmerfenster verbracht und wartete auf meinen Bruder. Aber Er kam nicht. (Aber Er ist nicht gekommen)
Heute ist mein Bruder in einem Heim für schwer seelisch Behinderte (sagt man) und leert Mülleimer aus und räumt Kaffeegeschirr ab, wenn man es ihm anschafft (sagt).
Nein, Er braucht nicht mehr denken.
Er hat seine Ruhe verdient.
Keiner ist Ihm böse und ich hoffe, daß Er seinen Frieden findet.
Ich sitze am Eßtisch meiner Eltern. Sie haben uns heute zum Essen eingeladen und es gibt Rindsrouladen und Spätzle und Semmelknödel. Ich hörte erst spät mit dem Fleisch essen auf, nachdem ich den Vertrag geschlossen hatte, dürfte, konnte und wollte Ich es nicht mehr. Wir essen miteinander, war eh so selten in unserem Leben, und sitzen um den Tisch herum. Meine Schwester ist auch dabei. Ich habe meinen Kleinen auf dem Schoß und füttere Ihn. Wir haben unseren Spaß und sind gut drauf und irgendwann merke ich, daß mein Vater herüber schaut und für einen kurzen Moment treffen sich unsere Blicke. Wir haben uns nicht oft in die Augen geschaut, mein Vater und Ich. Aber in diesem Moment habe ich sein ganzes Leben in seinen Augen gesehen.
Seine Entbehrungen und sein Hoffen, seine Ängste und seine Wünsche, seine ganze Traurigkeit habe ich gesehen und ich wußte, daß Er weiß, daß Er noch einmal kommen muß, weil Er nicht mehr fertig machen kann. (wie Er es nicht mehr zu Ende bringen kann) Er war Siebzig und hatte keine Zeit mehr.
Er wird noch einmal kommen müssen, weil Ihm zuviel abgeht vom Leben. Was nicht heißt, daß er nichts gemacht hätte. Ich sah, daß Ihm das abgeht, einfach nur dasitzen, mit seinem Buben auf dem Schoß, und nichts sagen müssen, weil alles paßt. Mit einem kleinen Menschen reden und schmusen, mit Ihm ins Bett gehen und sein Atmen hören und das Zucken spüren, wenn sich der Körper entspannt und das Schlafen (ansetzt) anfängt.
Ja, ich sehe in seinen Augen, daß Er auch gerne Kinder gehabt hätte. Das geht Ihm ab und Er hat keine Zeit mehr zum Nachholen. Hätte Er sich einmal für uns eingesetzt, einmal auf unserer Seite, zuhören und glauben. Wir waren seine Kinder, aber wir waren im Krieg, das hätte Er jetzt fast vergessen. Wir waren im Krieg und die Fronten waren aufgeteilt in Wohnzimmer, Küche, Bad, Hausgang, Kinderzimmer und Hof, und jeden Tag war die Front wo anders und es ging nur darum, irgendwie da durch zu kommen. Ich war ein kleiner Junge (Bub) und auch wenn ich damals gewollt hätte, ich hätte meinem Bruder nicht helfen können. Ich war damit beschäftigt, daß Ich rauskomme und erkannte früh genug, daß Ich es mit Verdrängen nicht schaffe. Und so begann Ich, einen Traum zu träumen, der mein Leben wurde und ich erfand meine eigene Gerechtigkeit, die ich später mit dem Wort Respekt ausrückte. Respekt vor meinen Eltern. Nicht weil Sie meine Eltern waren, sondern weil Sie Menschen waren, Lebewesen, die in Ihrer Zeit nicht anders sein konnten. So wie ich in meiner Zeit auch nicht anders war. Der Respekt, daß ich wußte, daß ich Ihnen nicht zu verdanken habe. Aber das Wenige , was Ich Ihnen an Schuld zurückgeben muß, wenn meine Zeit kommt. Ich werde mich um Sie kümmern, wenn Sie alt sind, und Sie brauchen nicht zu frieren. Es wird Ihnen nichts fehlen im Alter und Sie brauchen keine Angst zu haben und müssen nicht hungern. Sie waren eine Zeitlang meine Eltern und wurden später zu meinen Kindern, so wie alle Menschen auf dieser Welt meine Kinder sind und Ich ein Kind von allen Menschen.
Respekt hieß der Weg, auf dem zu gehen ich begann. Und Respekt hieß der Traum, den begann zu leben. Und wenn irgend jemand noch im Krieg ist mit irgend jemandem auf dieser Welt, so soll Er Schluß machen damit (und sich versöhnen mit Ihm. Sonst kann ich Ihm das Bewußtsein nicht zugestehen.)
Respekt haben heißt nicht, den Mund halten müssen und nicht Nein sagen dürfen. Heißt nicht, still sein müssen und sich nicht wehren dürfen. Heißt nicht, sich alles gefallen lassen müssen und jedem Streit aus dem Weg gehen.
Streit ist nicht Krieg. In einem Streit gibt es keine Toten und Verletzten. Die gibt es nur im Krieg.
Ja, so begann ich, meinen Weg zu gehen und zog irgendwann daheim aus, weil ich dachte, daß der Krieg dann für mich aus ist. Aber da hatte ich getäuscht.
Überall war Krieg auf dieser Welt, nur eine neue Front kam dazu und ich blieb nicht verschont.
Überall war Krieg, und als ich erkannte, daß das nicht mein eigener, sondern ein Weltkrieg war, dachte Ich mir, Ihr könnt mich alle am Arsch lecken. Und ich begann, auf dieser Welt zu leben und ließ meinen Traum Wirklichkeit werden und wuchs.
Ich gewöhnte mir eine Freundlichkeit an, die mich nie vergessen ließ , daß ich immer noch, egal was gesagt wurde, Grüß Gott und auf Wiedersehen sagen konnte. Meine Sprache und meinen Dialekt formte ich zu meinen Waffen und nicht einmal in meinem Leben mußte ich gewalttätig werden. Meine Augen beschützten mich davor, daß mir wer zu nahe kommt, und meine Stimme bekam einen Ausdruck, der nicht zu überhören war.
Ich wurde, was ich immer war, und als der ich auf die Welt gekommen bin.
Rasta.
Ich wußte, daß ich ewig leben werde und ewig bedeutet, fertig geworden zu sein. Ich möchte jetzt nicht jammern und lamentieren, wie schwer der Weg war. Er war nicht schwer, er war mein Weg und nur ich konnte ihn gehen. Ich konnte keinen anderen gehen. Ich ging eine zeit lang neben Euch her, bis die Abzweigung kam und ich meinen Weg fand. Hätte Ich nicht erkannt, daß das mein Weg ist, wäre Ich immer noch bei Euch, (aber gerade weil Ich es eben erkannt habe, daß ich mich doch an dieser Kreuzung von euch trennen muß, bin ich ein Rasta geworden und ewig und kann fertig machen.)
Nein, Euer Weg war nicht der meine, und soviel Ihr auch gebettelt habt, daß ich bei Euch bleiben [soll], ich hab's [einfach] nicht können.
Es war nicht mein Weg.
Nein, das war nicht mein Weg, alles haben wollen und neidisch sein, verbittert und böse, falsch und feige.
Nein, das war nicht mein Weg, Feinde haben und lügen, wie ein Dieb. Davonschleichen müssen in der Nacht und Freude daran haben, wenn es einem anderen schlechter geht wie mir. Nein, das nicht mein Weg. Krieg war nicht mein Weg. Mein Weg war, dastehen können und nicht verstecken müssen.
Mein Weg war, stolz sein und trotzdem nach einem Streit versöhnen können.
Mein Weg war Lachen und Sonne und nicht (die) Dunkelheit und Angst. Mein Weg war Tränen haben können, die ein jeder Segen durfte, ohne Scham, und die in der Sonne getrocknet sind, die für alle Menschen scheint, die das wissen, die immer scheint, Nacht für Nacht.
Und so ist aus Uns ... Ihr? Geworden.
Und aus mir ist Ich geworden. [Und aus mir wurde ich]
Ich und Ich.
Jah oiwe I
Jah oiwe I
Mein Weg war, daß ich erkannte, daß es einen Glauben gibt, der mich nie vergessen läßt, daß ich zwar einer von Euch bin,der mich deswegen aber noch lange nicht zu Einem von Euch macht. Ich und Ich. Ihr und Ich. Jah oiwe I Ich gehöre nicht mehr zu Euch, nein, ich gehöre nicht zu denen, die immer nur Kriege führen, foltern, morden und schlagen. Nein, ich gehöre nicht mehr zu denen von Euch, die nicht fertig machen können, weil immer noch wer schuld ist.
Nicht zu denen, will ich gehören, die immer noch Angst haben.
Ohne Angst werde ich leben auf dieser Welt, weil ich fertig sein möchte, wenn's vorbei ist. Und weil ich bis dahin in Frieden mit allen Lebewesen gelebt habe, die sich die Welt mit mir haben teilen müssen und ich mit Ihnen, werde ich fertig machen können.
In Frieden werde ich leben bis mein Tag kommt und ich werde nicht vergessen bis dahin, daß wir alle einen anderen Fingerabdruck haben und daß es nie zwei gleiche gibt.
In Frieden werde ich leben und bis zum Schluß werde ich von meiner Einzigartigkeit überzeugt sein und davon überzeugt sein, daß es eine Zukunft für uns nur durch Frieden gibt.
Es hat eine Zeit lang gedauert, bis Sie unsere Grenzen wahrgenommen haben und gemerkt haben, daß wir es Ernst meinen. Es war alles wirklich gut vorbereitet und Sie hätten es eigentlich schon viel früher merken können, daß etwas passiert, aber Sie waren viel zu sehr mit sich (selbst) und Ihrem Krieg beschäftigt, zu sehr damit einen Schuldigen zu finden, (und so haben sie einfach nicht aufgepaßt.) Wir wußten, daß wir das, was wir taten, nur ein einziges mal würden tun können und daß es kein zweite Chance gibt. Es war vorbereitet wie damals der Umzug von Riem nach Erding, nur [mit dem Unterschied] daß wir keine Fehler machten und kein Einziger im Dorf dagegen war. Wir waren uns alles einig. Wir wollten wieder eine Einheit sein. Wir waren uns alle einig, daß wir in Frieden miteinander leben möchten und unsere Kinder in Frieden aufwachsen sollen. Wir waren uns alle einig darüber und kannten die Regeln, die zu diesem Frieden gehören.
Wir respektierten uns und wurden Lebewesen.
Wir haben uns nicht alle geliebt, aber wir konnten uns in die Augen schauen und Grüß Gott und Auf Wiedersehen sagen.
Respekt.

Im Dezember 1997 war es dann so weit. Innerhalb von einer Woche kündigten zweitausendachthundertelf Bewohner der Gemeinde ihre Konten bei der Sparkasse Marzoll und zahlten das ganze Geld auf ein Gemeinschaftskonto ein.
Eine der wichtigsten Regeln hieß, daß allen alles gehört. Es wurde vorher im Oktober und im November schon bei insgesamt einunddreißig Treffen der erste Januar als der Tag ausgemacht, an dem in und durch unser Dorf kein Auto mehr fahren wird (und so weit wie möglich auch kein Auto mehr im Dorf ist). Aber dazu komme ich später. In einer Woche zahlten alle alles, was Sie an Geld und Wertpapieren, auch das ganze Geld, das Sie für Schmuck, Autos, Grundstücke und Häuser außerhalb des Dorfes, bekommen hatten, auf ein (einziges) Konto ein. Keiner besaß auch nur eine einzige Mark und obwohl keiner mehr etwas besaß, waren nach dieser Woche 2811 Menschen Multimillionäre. Jedem gehörte alles und keiner hatte von heute auf morgen mehr Schulden. Wir lösten alles, was im Dorf nicht uns gehörte, ab, oder tauschten es, und überwiesen anteilig die Steuerschulden, die das Dorf an Deutschland hatte, natürlich von einem Fachmann von außerhalb ausgerechnet, ans Finanzamt München, mit dem Vermerk "jetzt gehört es uns", und sperrten in der Nacht zum 1.1.1998 alle Straßen. Oh ja, wir waren gut vorbereitet und ich muß unseren Bauern noch ein Kompliment aussprechen, weil ich weiß, daß wir es ohne Sie nicht geschafft hätten. Als wir uns Anfang Oktober dazu entschieden, es durchzuziehen, waren Sie diejenigen, welche die meiste Arbeit hatten. Und ich danke Ihnen dafür, weil Ich nie das Gefühl hatte, daß Sie es nicht gerne taten. Da um diese Zeit die meisten [von uns] schon nicht mehr draußen arbeiteten, haben wir natürlich, so gut es ging, geholfen. Aber es war Ihr Wissen und Ihr Respekt uns gegenüber, daß wir den ersten Winter mit einem Auflachen überstanden und keiner verhungerte oder erfror. Mensch, war das ein schöner Winter. Wir alle verabredeten, daß keiner Schnee räumt. Mensch, war das ein schöner Winter.
Ich weiß noch, wie ich mit meinen drei Jungen an einem Abend in einer dreiviertel Stunde über Marzoll nach Türk hinunter gegangen bin und über Schwarzbach zurück. Und ich sagte Ihnen, daß wir jetzt die ganze Welt gesehen haben. Ich glaube auch, daß das der Moment war, an dem ich das erste Mal wirklich Liebe für etwas oder für jemanden empfunden habe. Ich liebte den Boden und die Bäume. (Und Mensch, was liebte ich die Kinder, die ich da dabei hatte.) In dieser Nacht wurden wir eins mit Ihr und wußten, daß wir wieder dazu gehören. Ich sah das Strahlen in den Augen meiner Kinder und wußte, es werden nie solche Augen werden. Ich schaute durch die Häuser und liebte, und es war ein überwältigendes Gefühl. Ich konnte in dieser Nacht nicht schlafen, so aufgedreht war ich. Wie auf Speed. Wie auf einer Droge mit Namen Liebe. Alle Lebewesen paßten auf mich auf und durfte auf Sie aufpassen. Wir nahmen uns etwas zurück, was uns ohnehin schon gehörte. Nicht alles, nur ein Stück.
Respekt.
Erst im Jahr 2003 nach sechs Jahren Klage bekamen wir vor dem Bundesverfassungsgericht recht. ZU dieser Zeit hatten wir schon unseren eigenen Strom und unser eigenes Wasser. Das war das erste, worum wir uns kümmerten nach dem ersten Winter, von dem ich glaubte, daß er der schönste war. Aber es sind noch viel schönere gekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat uns unser Dorf als unser Gesamteigentum zugesprochen. Unabhängig vom Rest Deutschlands und dieser Welt wurden wir das erste autonome Dorf auf dieser Welt. Ich vermeide extra den Ausdruck Staat. Wir wollten nie ein Staat werden. [Hätten wir das werden wollen, dann hätten wir alles genommen, nicht nur ein Stück.] Wir sind immer das geblieben, was wir waren, ein Dorf. Wir waren nicht mehr steuerpflichtig und nahmen keine Post mehr an. Keine Polizeistreife durfte auf unseren Straßen fahren und selbst der Stoiber, als er mit seiner Leibgarde kam, mußte vom Gablerknoten aus zu Fuß gehen. Es muß für Ihn erniedrigend gewesen sein, keiner empfing Ihn, und als er fragte, wer unser Sprecher sei, antworteten wir, er könne sich einen aussuchen. Wir könnten alle reden. Oh Gott, was hat er nicht alles für einen Schmarren erzählt, von Untergrabung der Staatsautorität bis zu Diktatur hat Er uns alles bezichtigt und was es da alles dazwischen gibt. Feinde, Verräter, ja ein ganzes Dorf voller Irrer sind Wir gewesen, eine Sekte. In seinen Augen haben wir unsere Kinder mißhandelt, weil Sie keinen Führerschein machen durften.
Nicht nicht dürfen, antworteten wir,
nicht machen wollen.
Er drohte mit Polizei und Armee. Aushungern würde Er uns, bis wir Ihn anbetteln würden. Ich weiß nicht, ob der Stoiber noch lebt, aber er hätte bis zum Schluß bei uns mit essen können, soviel hatten wir. Wir hatten soviel, daß wir es verschenken hätten können an die da draußen, die es sich nicht einmal leisten konnten, jeden Tag satt zu sein.
Keiner hatte mehr etwas und hatte jeder alles.
Es gab keine Mieten mehr und es kam keine Stromrechnung mehr, Versicherungen wurden nicht mehr bezahlt und die einzigen Fahrzeuge, die es noch gab, waren landwirtschaftliche. Aber auch die waren nicht versichert und als wir später wieder auf Pferde umgestiegen sind, sind auch die verschwunden.
Nein wirklich, wir waren gut vorbereitet und waren uns alle einig.
Ich glaube, daß keiner geschlafen hat in der Nacht zum 1.1.1998. Wir wußten, daß alle Formalitäten erledigt waren und warteten fieberhaft auf 12 Uhr, und wie es soweit war, wurden keine Raketen angezündet, nein, Punkt 12 Uhr wurden alle Straßen gesperrt, die wichtig waren. Alle die zum Dorf gehörten waren in dieser Nacht im Dorf und wir ließen keinen mehr durchfahren. Der Gablerknoten, die Grenze in Schwarzbach und das Leopoldstal wurden zugemacht und jeweils 30 Leute paßten auf, daß man sich dran hielt. Schwere Baumstämme wurden über die Straße gelegt und nicht einmal 20 Minuten später war an allen drei Grenzen die Polizei im Einsatz. Zuerst ritten Sie auf Ihren Gesetzen stur daher. Sie kamen uns mit der Straßenverkehrsordnung, aber wir haben Ihnen gesagt, daß es auf unseren Straßen keinen Verkehr mehr zu ordnen gibt und haben Ihnen gesagt, daß wir nichts mehr mit Ihnen reden. Sie drohten uns, aber wir haben überhaupt nicht mehr reagiert, weder mit Worten noch mit Taten und zum handgreiflich werden waren wir zuviel. Die ersten Autofahrer schrien noch etwas von "derschießen" und "vergasen" aber es half nichts. Und weil Sie in jener Nacht nicht so viele Beamte beibringen konnten, fingen Sie an, den Verkehr umzuleiten und das ist bis heute so geblieben. Am späten Nachmittag des 1.1. ruckten Sie dann an mit den Einsatzwägen und 40 Hundertschaften, besetzten das ganze Dorf und umstellten es und keiner durfte mehr das Haus verlassen. Aber wir waren nicht in den Häusern und wenn Sie an irgendeiner Sperre fünf Leute weggetragen hatten, sind von irgendwo her, aus dem Wald oder aus dem Schnee rings herum, fünf andere hingegangen und das ist den ganzen Nachmittag so dahin gegangen. Sie taten mir wirklich leid und ich weiß, Sie weinten innerlich von Herzen weil Sie so hilflos waren.
Was hätten Sie tun können,
was hätten Sie tun können?
Was hätten wir tun können?
Nichts konnten wir tun und Sie auch nicht.
Um uns alle einzeln zu bewachen waren Sie zuwenig. Sie probierten es mit Gruppen, aber wer hätte da nachlaufen sollen, wenn Du davonläufst, einer von den Zweien, die auf die restlichen achtzehn aufpassen? Lächerlich.
Hätten Sie uns alle 1003 Männer in Ihren Einsatzwägen stecken sollen, mit Handschellen gefesselt?
Dann wären unsere Frauen und die Kinder gekommen und keiner hätte Sie aufhalten können und dann die Bauern mit den Kühen und Ferkeln und Hühnern und Hunden. Was hätten Sie denn machen sollen, außer Respekt vor uns haben?
Ja, ich weiß, sie weinten innerlich darüber, daß Sie nicht den Mut hatten, sich einfach zu uns herzustellen, so wie ich weinte, weil ich zu feige war, um Ihr zu helfen. Sie hatten es genauso satt wie wir. Wir wollten nur unsere Ruhe und ich weiß, sie wollten es auch.
Aber Sie waren noch nicht so weit wie wir, Sie suchten noch einen Schuldigen dafür, daß Sie jetzt da stehen mußten und frieren und Ihre Frauen und Kinder feierten daheim. Ja, Sie suchten einen Schuldigen und Sie fanden jemanden.
Uns.
Und so wurden sie mit der Zeit zornig und böse und fingen zu schreien an und zu schlagen und wir gaben keine Antwort und brauchten uns nicht zu wehren, weil wir gut vorbereitet waren und wußten, wie es ausgeht.
Wir werden ganz zum Schluß die Sieger sein und es wird nie wieder Krieg geben, weil wir uns für Frieden entschieden hatten.
Immer?
Jah, Oiwe I
Es war der erste Winter und der längste war es auch. Die Kinder hatten keine Schule von Januar bis März, weil wir alle nur von der Polizei und der Bundeswehr in der Gegend herum getragen wurden. Wir fingen schon an, darüber Witze zu machen. Hallo, Servus, wo tragen Sie Dich denn hin? Und alle lachten, weil Sie den einen da hin trugen und den anderen dort hin. Sie versuchten auch, uns wegzufahren und 15 oder 20 Kilometer weiter einfach auf die Straße zu setzen und wir mußten heim gehen. Aber das gaben Sie schnell wieder auf, nachdem Sie gemerkt hatten, daß wir den kürzesten Weg wieder nach Hause gingen, und wenn der über die Autobahn führte. Das war das absolute Chaos und Sie und Sie mußten uns wieder abholen und heimfahren. Ab März, als unsere Kinder wieder in die Schule gingen, die Lehrer blieben uns, kam dann die Zeit, wo wir unsere normalen Tage zu leben anfingen. Die Grenze war gut bewacht und der Rest des Dorfes ging in den normalen Alltag über. Mit dem die Kinder in die Schule bringen, kam die Normalität wieder zurück. Wir trafen uns zweimal die Woche zum Reden, bis Ende August jeder gewußt hat, daß das Reden nicht die Zukunft ist, sondern das Handeln. Und wir sind alle miteinander hinaus auf die Felder und halfen den Bauern bei der ersten Ernte. Wir schnitten alle miteinander Holz und melkten die Kühe. Silos wurden wieder aufgefüllt und Erdkeller und Vorratsspeicher wurden gebaut. Unsere Wiesen sind nicht, mehr in Plastiktüten eingewickelt worden und es gab keine Kühlschränke und Gefriertruhen mehr im Dorf. Es gab kein Verfallsdatum mehr und dadurch wurde nichts mehr weggeschmissen.
Wir feierten unser erstes Erntedankfest vor der Kirche und nicht drinnen, drinnen wächst ja nichts.

Die ersten zwei Stauseen waren fertig und was wir noch an Strom und Wasser brauchten, zahlten wir von unserem Konto in Ihrer Währung. Aber das dauerte nicht lang. (Wir waren kein Dorf von Blöden.) Bei uns gab es Heizungsfachmänner und Planer, Elektriker und Maurer, Schuster und Bäcker und sogar Dorfdeppen. Wir lebten mit Ihnen, für Heime hatten Wir kein Geld. Wir mußten natürlich noch draußen einkaufen, denn die Solarzellen konnten wir natürlich nicht wie Gelbe Rüben anbauen, Aber auf solche Dinge paßten wir gut auf, die wurden nicht ausgetauscht, wenn Sie defekt waren, die wurden repariert. Und irgendwann hatten wir einfach alles und alles war zum reparieren. Ja alles. Wir wurden alle Richter, und ich dachte, das müsse man studieren. Nein, Richter werden muß man lernen, das kann man nicht studieren. Unsere Kinder waren, glaube ich, die glücklichsten Kinder auf dieser Welt. Sie mußten nicht mehr besser sein oder das werden, was Wir nicht wurden. Wir haben einfach ein wenig aufgepaßt, und wenn man ein wenig aufpaßt, dann erkennt man, für was Sie Interesse zeigen.
Wir legten einfach keinen Wert darauf, daß alle gleich gut schreiben und rechnen können. Wenn einer nicht gut lesen konnte, hieß das für uns nicht, daß Er auch nicht gut mit Tieren umgehen konnte oder kein Verständnis für Farben gehabt hätte. So durften Kinder sein. Es gab überhaupt kein Klassenunterschiede, weil wir eine Einheit und jeder gleich wichtig waren. Einem jeden gehörte alles. Das heißt nicht, daß wir nicht gestritten hätten.
Es gab immer noch Eifersucht und Antipathie, aber das war anders als vorher. Wir konnten uns nicht mehr aus dem Weg gehen und uns gegenseitig verklagen, unsere Richter hatten ja immer etwas zum Richten, wir haben alles ausdiskutiert und alle haben alle gebraucht, und so haben wir uns einfach respektiert. Wir sahen, was einer tut, und nicht, wie einer aussieht. Wir schauten Hände an und den Mund und nicht die Hosen oder Schuhe.
Unsere Kinder wurden von allen versorgt, genau wie die Alten. Sie bekamen überall was zu Essen und durften überall schlafen. Schule war Tag und Nacht und das Schlafen lernen war genauso wichtig wie das wach sein können. Wir haben Sie einmal im Jahr einen Tag lang uns versorgen lassen und Sie durften alles machen, vom Frühstück herrichten bis zum Bett gehen um Acht. Sie durften an diesem Tag nach uns ins Bett gehen und mußten vor uns aufstehen. Sie legten uns das Gewand hin zum Anziehen und brachten uns in die Schule, ja an diesem Tag gingen wir zur Schule und wehe das Essen war nicht fertig, wenn wir zu Mittag kamen. Manchmal bin ich zusammengebrochen, wenn Sie fragten wie es denn heute so in der Schule gewesen sei. Oder sagten, kommt, geht noch ein wenig nach draußen und laßt uns einmal eine Stunde in Ruhe. Es waren geile Tage und das hörte nicht auf bis zum Schluß. Sie hörten nie auf, unsere Kinder zu sein. Wir konnten nicht so achtlos mit Ihnen umgehen wie Ihr mit den Euren, wir hatten nur noch diese, es kamen keine mehr.
Aber überall war Krieg und der Lastwagen blieb ruckartig stehen, und weil Sie ohnehin nur noch auf drei Beinen stehen konnte, haute es Sie mit dem Kopf gegen einen Eisenträger von der Bordwand und ein Teil der Schädeldecke mit einem Horn und einem Ohr brach heraus und das Hirn lief Ihr herunter. Sie brach zusammen und Ihr Gewicht brach Ihr die Vorderfüße auch noch und Sie konnte nicht mehr aufstehen. Aber was für ein Schmerz könnte größer sein, als das Bewußtsein, die Sonne nicht mehr untergehen zu sehen.
Sie war die letzte im Hänger und es hatte nichts mehr geholfen, kein Elektroschock und kein eingedrücktes Auge, Sie konnte nicht mehr aufstehen. Die anderen wurden weggetrieben und ein Gabelstapler fuhr auf die Rampe und schob seine Gabel unter Ihren Bauch und hob Sie auf. Noch einmal registrierte Ihr Gehirn, daß der Schmerz zunimmt und Sie schrie auf, als Sie Ihr die Haut abzogen und die Bauchdecke aufplatzte. Die Därme hatte es auf den Hängeboden herausgedrückt. Er fuhr Sie auf den Platz hinaus aber die Sonne schien nicht über die Mauer. Sie schien überhaupt nicht an diesem Tag, so konnte Sie auch nicht untergehen.

Als wir uns 2015 dazu entschlossen, daß wir keine Kinder mehr wollen und von dieser Welt verschwinden, war die Aufregung groß. Unsere Kinder waren immer unsere Zukunft und jetzt sollte es keine Kinder mehr geben?
Wir machten die Rechnung einfach ohne den Wirt und vergaßen, daß Krieg ist auf dieser Welt. Aber als uns das wieder bewußt wurde, zogen wir die Konsequenzen und einstimmig entschieden Männer und Frauen, daß wir keine Kinder mehr wollen. Und wir brachten unsere Kinder durch Aufklärung dazu, daß Sie freiwillig darauf verzichteten. Wir verschwiegen Ihnen von Anfang an nichts, wir logen Ihnen keine heile Welt vor. In einer heilen Welt gibt es keine Grenzen, da sind nicht die einen draußen und die anderen drinnen. Wir wurden überfallen, so daß auch unsere Kinder lernten, was Angst ist und Gewalt. Wir waren eine Zeit lang ein Freizeitpark für Arschlöcher, die mit Ihren Jeeps Nacht für Nacht unsere Felder verwüsteten, weil sie wußten, daß es da keine Polizei gab. Wir einigten uns dann auf eine gewaltfreie Methode. Seile wurden gespannt und Fallgruben gegraben, dann war bald Ruhe und in der Nacht liefen die Hunde frei. Aber unsere Kinder waren dabei, als wir uns wehrten, Sie mußten es ja später können. Aber was half es uns, daß wir kein Heizöl mehr verbrannten und unser Dorf giftfrei machten. Aufs Weltgeschehen gesehen natürlich nichts. Aber uns hat es was gebracht und wir wollten ja nicht die ganze Welt verändern. Wir wollten nur ein wenig weiter wachsen und das schafften wir. Es gab kein Plastik mehr bei uns und kein Rasenmäher lief mehr. Es fuhren keine Autos und Motorräder. Außer Kompostierbarem gab es keinen anderen Müll. Wir konnten alles brauchen und es blieb wirklich nichts übrig. Nicht einmal aus der alten Zeit. Wir hatten richtige Ersatzteillager für unsere Wind- Wasser- und Sonnenkraftwerke. Wir tüftelten und bastelten und erfanden. Es gab Techniker und Sattler, Zusammenräumer und Putzer. Aber es gab keinen Neid und keine Intrigen, keine Gewalt und keinen Hunger. Es war uns schon klar, daß wir die Welt nicht sauber bekommen, wenn der Dreck von draußen herein läuft oder von oben herunterkommt. Aber wir wollten ja nicht die Welt säubern, sondern uns. Wir interessierten uns einfach nicht mehr für Ihre Belange, weil wir genug mit uns selber zu tun hatten. Und trotzdem wurden wir überfallen, obwohl wir nichts zum Mitnehmen hatten. Wir waren Schuldige und Sie die Bestrafer. Sie vergewaltigten unsere Frauen und erschlugen unsere Alten. Sie verschleppten unsere Kinder und nahmen uns unsere Träume. Ja, Sie nahmen unsere Träume und ohne Träume gibt es keine Zukunft. Keine Kinder mehr und Wir konnten wieder träumen. Uns waren die Träume wichtiger. Wir haben es selbst so entschieden und wurden unerpreßbar und mutig. Irgendwann war der Jüngste in unserem Dorf Zwanzig und es gab keine Schulen mehr, keine Lehrstellen und keine Kindergärten. Keine Lehrer und keine Lehrherren. Keine behinderten Kinder kamen mehr auf die Welt. Es gab keinen Keuchhusten und keine Masern mehr. Wir mußten uns um nichts mehr Angst machen, Wir wollten nur noch sauber sein und fertig werden.
Ich bin schweißgebadet aufgewacht, ich hatte einen beschissenen Traum. Ich träumte, daß ich Fleisch gegessen hatte. Ich hatte den Geschmack noch im Mund und saß da und hatte Angst, weil er so wirklich war, der Traum. Ich wußte, daß ich sterben muß, wenn ich noch einmal Fleisch esse, weil ich unterschrieben hatte. Ich weiß, daß er mich nicht umsonst überleben ließ, und daß er immer anwesend ist. Aber ich träumte es Gott sei Dank nur und so stehe ich auf und gehe ins Wohnzimmer zu meinen Hühnern und hole die Eier. Meine Frau schläft noch und seit die Kinder Ihre eigenen Wohnungen haben ist es recht still bei uns zuhause. Es ist überhaupt still im Dorf, es gibt keine Kinder mehr und von Tag zu Tag wird es schwerer und wir alle bekommen das Ausmaß des Entschlusses jetzt erst recht so richtig mit. Es gibt keine Kinder mehr. Ich bin traurig und hole ein altes Fotoalbum heraus und blicke auf die Vergangenheit und bin stolz, daß alle drei überlebt haben. Sind große Menschen geworden, unsere Kinder, Fürsten auf dieser Welt, und Ihre Eltern sind Könige von einem alten Stamm von Menschen, der langsam ausstirbt. Ich richte unser Frühstück her und wecke meine Frau auf und dann laß ich den Tag angehen. Ich bin jetzt dreiundsiebzig und der jüngste Mensch bei uns im Dorf ist siebenundzwanzig. Wir schreiben das Jahr 2028 und alle Belagerungen wurden aufgehoben. Wir sind freie Menschen und haben das bißchen Land, für das wir Verantwortung übernommen haben, aufgeräumt und geben es sauber zurück. Wir geben es so zurück, daß es auch ohne uns überleben kann. Wir haben es bebaut und es hat uns nie hungern lassen. Die Kornspeicher waren immer voll und Ananas gab es nur, wenn einer sie von außen mitbrachte. Es gibt keine Kinder mehr bei uns wie anders hätten wir unsere Liebe ausdrücken können als so. Wir haben nie auf mehr verzichtet und nichts ist uns mehr abgegangen als unsere Kinder. Ich bin kein Großvater geworden und habe kein Enkel auf dem Schoß gehabt. Aber wir haben dafür auch viel bekommen.
Frieden bekamen wir und Respekt,
Liebe und unsere Ruhe.
Ja, die Welt blickt auf uns und Sie weinen um jeden, der weg stirbt, weil Sie wissen, daß keiner mehr nachkommt. Ja, wir werden lang in Ihren Geschichten vorkommen und die Kinder von Ihnen werden große Augen bekommen, wenn Ihnen die Alten von uns erzählen.
Ja, wir haben viel dafür bekommen.
Ewigkeit.
Fertig geworden sein.
Wissen, daß nichts schlechtes von Dir zurückbleibt.
Keine Haustür mußten wir zusperren.
Wir mußten keine Angst mehr haben und sind wertvoll geworden. Ja, wir haben viel bekommen, aber überall war Krieg und Sie sind hinaus geflogen in die Finsternis, und als Sie ganz weit draußen waren haben Sie beim Fenster hinaus geschaut und waren sprachlos. Nie vor Ihnen hat ein anderer Mensch oder ein Lebewesen das gesehen, was Sie hier jetzt gerade sahen.
Sie waren die ersten und waren sprachlos.
Sie sahen eine blaue Kugel im Universum schweben und als Sie Ihre Sprache wieder gefunden hatten, sagten Sie nur, Sie hätten Gott gesehen. Ja, stell Dir vor, sie sagten, sie haben Gott gesehen und das erste Mal schauten Menschen von dieser Welt zu Ihrem Gott hinunter und nicht hinauf.
So sauber.
So rein.
So schön und so klar.
So zerbrechlich und verletzbar.
So offen und ungeschützt.
Die Welt.
Ja, Sie haben die Welt gesehen und Sie sagten Gott dazu. Aber die Viehtransporte sind wieder gefahren dort drunten auf Ihrem Gott und fuhren den Tod hundertfach in der Gegend herum und Stück für Stück schlachteten Sie Ihren Gott. Und die ganzen Pfaffen und Bischöfe und Päpste standen beim Tengelmann hinter der Wurstheke, die Ihre Altäre waren, und die restlichen Blöden beteten Ihren schwarzen Pressack an.
Ja, Sie segneten Gott als Sie da herunter schauten und wie Sie wieder herunten waren, schauten Sie hinauf und sagten:
Danke lieber Gott,
aber Sie haben keine Antwort bekommen.
Mein Vater ist mit den Kindern im Garten und brockt Erdbeeren. Ich glaube, daß er glücklich ist. Ich wünsche es mir. Meine Kinder sind gerne bei Ihrem Opa und es immer etwas besonderes. Vielleicht, weil Sie so selten da sind, obwohl wir doch gar nicht so weit auseinander wohnen. Aber vielleicht macht es gerade das zu etwas besonderem, wenn wir die Großeltern besuchen. Der Opa werkelt mit Ihnen und sägt und gartelt und er kriecht immer noch mit Ihnen am Boden herum. Das mache ich auch, aber beim Opa ist es etwas besonderes, weil es nicht immer ist. Alles, was nicht immer ist, ist etwas besonderes. Ich setze mich zu Ihnen hinüber auf die Coach und mein Kleiner setzt sich auf meinen Schoß. Redet überhaupt nicht gerne, das heißt, er redet eigentlich schon gerne, aber nur] das, was er kann und anscheinend glaubt er, daß das genügt, was er kann. Er hat ein paar Sätze drauf und mit denen kommt er ganz gut durch. Er hat überhaupt eine eigene Sprache. Ich kann mich erinnern, wie die anderen zwei Buben von mir das Reden anfingen, da hatte das, was man Ihnen vorsagte, wenigsten noch ein wenig Ähnlichkeit gehabt mit dem, was Sie dann sagten. Da war das halt nicht die Schildkröte, sondern der Grodda. Das kann man noch durchgehen lassen. (Aber mein Kleiner hatte seine eigenen Ausdrücke und manchmal habe ich Ihn einfach überlistet und habe Ihm einen entlockt und bei meinem Vater an diesem Tag auch.)
Ich hatte Ihn auf dem Schoß und sage zu allen, daß Sie mal herkommen sollen und wie wir alle um Ihn herum saßen, sage ich Ihnen, daß wir jetzt eine Sprachvorführung machen und daß er alles nachsagen kann, was Ich Ihm vorsage.
Alle waren ganz gespannt und seine Augen strahlten und Ich habe noch nie so viel Stolz in einem Gesicht gesehen, nachdem Ich zu Ihm gesagt hatte, sag einmal
Opa.
Und er sagte laut und deutlich
Opa, Opa, Opa.
Wir klatschten alle und tobten und schrien "Bravo, bravo, (ein Wahnsinn)". Meine Schwester, meine Mutter, meine Frau, sein Brüder, alle klatschten und lobten.
Das war aber nicht schwer, weil er Opa schon sagen konnte und danach Oma und Mama und Papa. Aber jedesmal klatschten wir und schrien und er ist ein Stück gewachsen. Aber den Namen seines großen Bruder konnte er nicht sagen und als Ich dann plötzlich, nachdem er so viel wußte, zu Ihm sagte:
"Jetzt sag einmal Robert",
da konnte er nicht mehr aus und sagte
Wewa.
Und wir klatschten und schrien und sprangen vor lauter Freude herum.
Wewa, Weeewaa.
Und der Robert sagte,
"Ja was ist denn?"
Wewa, Wewa, aber es war Krieg und keiner sah, daß Ich da sitze mit meinem Gott auf dem Schoß und lache.

Ein dumpfer Schlag durchströmte Ihr Hirn und alle Schmerzen sind wie weggeblasen. Der Metzger legt den Schußapparat auf die Seite und schneidet Ihr die Halsschlagader auf. Sie ist noch nicht tot und Blut wird herausgepumpt von einem gesunden Herz, das noch nicht weiß, daß seine Zeit abgelaufen ist. Sie sieht noch und während Ihr die eigenen Gedärme ins Gesicht rutschen, weil Sie an Ketten an den eigenen Hinterfüßen hoch gezogen wird, ziehen Sie Ihr schon das Fell ab.
Sie sieht noch, aber Sie spürt nichts mehr.
Oh Gott, ich hoffe, Sie spürt nichts mehr.
Ich habe Angst. Daß ich nicht mehr schlafen kann und nicht mehr mit Euch lachen. Ich wollte Euch doch nur eine Geschichte erzählen, aber Ich hatte keinen Traum dazu.

Aber es war Krieg und Sie entschieden sich dafür, in Zorn und Krankheit von dieser Welt zu gehen. Sie schafften es nicht und ich blicke zum Himmel auf und sehe einen weißen Streifen länger und breiter werden. Ich ziehe meine neuen Schuhe aus und rieche an Ihnen. Mein Junge hat Sie gemacht, ja mein Junge ist Schuster geworden. Jetzt sitze ich unter seinem Baum und er sitzt bei mir und freut sich, daß sie mir passen.
Ich rauche eine Pfeife, ich konnte es mir bis zum Schluß nicht abgewöhnen und bin ein Geschichtenerzähler geworden. Der einzige, der von Zeit zu Zeit das Dorf verließ. Ich halte mich, wenn Ich draußen bin, an all Ihre Regeln und werde überall respektvoll behandelt. Ich bin ein Geschichtenerzähler und Traumverbreiter und auch wenn überall um mich herum Krieg ist, Sie wissen, daß Sie mich brauchen, weil der Mensch Geschichten braucht, Träume zum Überleben.
Sie freuen sich, wenn ich komme, und manchmal sitze ich vor achthundert Leuten und ich erzähle Ihnen von unserem Dorf und wie kleine Kinder sitzen Sie mit großen Augen da und schütteln ungläubig den Kopf und sagen, das gibt's nicht.
Ohne Geld, ohne Kaffee, ohne Fernseher oder Eurocard, nein, sagen Sie, das gibt's nicht. Aber Sie fangen zu Träumen an und leben mit mir meinen Traum und Sie kommen alle in meinen Geschichten vor. Ich schaue mir Ihre Gesichter an beim vorbei gehen und sehe Ihre Verletzungen, Mißhandlungen und Gewalttaten, die man Ihnen angetan hat, damit Sie anständige Menschen werden. Wann haben Sie endlich den Mut, Nein zu sagen, wann glauben Sie endlich, daß es nur mit Respekt geht. Ich erzähle Ihnen, daß bei uns im Dorf alles alt werden darf und nie an Wert verliert. Ich erzähle Ihnen, daß unsere Kühe frei herum laufen und jeden Abend ganz von alleine heim kommen, uns Ihre Milch bringen und bei uns schlafen. Sie werden nicht mehr geschlachtet sondern sterben für uns Sie werden nicht mehr gezüchtet, Sie vermehren sich für uns.
Erst wenn Sie Ihren Sonnenuntergang gesehen haben, war´s freiwillig und es bleibt nichts von Ihnen übrig. Wir haben eine eigene Käserei und machen unsere Butter und das Brot selber. Wir müssen uns nichts kaufen und wenn einer krank wird, dann muß er nicht in ein Wartezimmer. Nein, der Doktor kommt zu Ihm. Der Doktor wird vom ganzen Dorf versorgt und er muß sich um überhaupt nichts kümmern. Ja, ich erzähle Ihnen, daß wir aufeinander aufpassen. Und wenn ich wieder heimkomme, Ende November, dann ist mein Holz schon gemacht und meine Speisekammer ist voll. Ich erzähle Ihnen, daß ich Geschichtenerzähler bin und in unserem Dorf genauso wichtig wie der Schmied oder der Schneider. Aber Sie sagen, das gibt's nicht, und träumen schon davon.
Ich rieche an meinen neuen Schuhen und ich rieche meinen Buben und ich rieche zurück in die Vergangenheit und erinnere mich an die Sauberkeit, die ich roch, wenn er sich im Bett zu mir kuschelte und seine Hand auf mein Ohr legte. Ich höre sein Atmen und Riechen und er steckt seine kalten Füße zu mir hinein und sagt gute Nacht. Ich rieche fünfundzwanzig Jahre zurück und schaue zu Ihm hinüber. Er riecht immer noch so gut. Er ist immer noch mein kleiner Bub. Und als wenn er es wüßte, schaut er herüber zu mir und sagt, ich brauche mir keine Sorgen zu machen. Und ich weiß, daß ich fertig geworden bin.

Im Jahr 2006 zogen Sie nach neun Jahren die letzten Truppen um unser Dorf ab und es ist Ruhe eingekehrt. Bis dahin gab es schon keine Straßen mehr und wir hatten unsere eigene Kläranlage. Unser Dorf blühte richtig auf und Bachläufe, kleine Seen und Rinnsale entstanden dort, wo man sie brauchte. Wir ließen unsere Alten im Dorf und steckten Sie nicht in Altenheime, wie es damals üblich war. Sie hatten Ihre eigene Häuser und wurden von uns mit versorgt. Sie wurden von Ihren Enkelkindern auf dem Weg zur Schule versorgt und besucht. Und wenn Sie keine Enkel hatten, kamen einfach andere Kinder zu Ihnen. Ein jeder hatte einen Opa und eine Oma, einen Vater und eine Mutter, eine Schwester und einen Bruder. Mit der Zeit wurden wir eine große Familie und haben auf diese Weise miteinander gelebt. Irgendeiner kam zum Frühstück oder Mittagessen und nie fühlte man sich beobachtet oder fremd. Wir wurden eine Einheit und ein Jeder war gleich wichtig. Es gab einfach Leute, die gerne lang schleifen und wir wußten, daß die dann halt erst um 10 oder 11 fit waren. Aber dann haben Sie auch etwas getan und es ging etwas voran. Eigentlich wurde Tag und Nacht gearbeitet. Weil einfach jeder arbeitete wann er wollte. Der Mensch arbeitet ja gerne. Aber am liebsten arbeitet er dann, wenn er mag, und nicht, wenn er muß.
Eines Tage stand ich auf und alle Zäune im Dorf waren weg. Ich hätte es wahrscheinlich gar nicht gemerkt, wenn ich keinen Hund gehabt hätte. Aber alle Zäune waren weg. Ein anderes Mal waren in der Frühe fünfunddreißig Leute in meinem Garten. Und in dieser Nacht gruben Sie mir einen ein Meter breiten und ein Meter tiefen Bach durch das ganze Grundstück gegraben.
Sie wußten, daß ich mir immer Bach vor dem Haus gewünscht habe. (Und ich freute mich total darüber.) Das muß ein Wahnsinn gewesen sein in dieser Nacht. Sie deckten die Wiese mit Balken und Läden ab, damit sie nicht zusammengetreten wird (wir paßten sogar auf das Gras auf). Und das, was die Einen heraus schaufelten, fuhren die Anderen sofort weg. Und die nächsten brachten Steine und so entstand ein schmaler, steiniger Bach, mit zwei kleinen Staustufen. Als Sie in der Frühe, als ich herauskam, die Balken und Laden wegtrugen, war kein Grashalm umgetreten und kein Schlamm auf der Wiese zu sehen. Sie zauberten einen Bach her und es schaute so aus, als wenn er schon immer dagewesen wäre. Das Wasser leiteten Sie vom Hauptbach herüber, der früher die Grenzlandstraße war. Und so ergab sich, daß auch der "Scheipei" einen Bach bekommen hat.
Wahnsinn, habe ich mich gefreut, und alsdann der Dustin Mittag von der Arbeit kam und mir ein paar Forellen mitbrachte und einsetzte (er war Bachpfleger und Fischzüchter), mußte ich einfach weinen und bedankte mich bei allen. An diesem Tag war ich mit Kochen dran. Und ich konnte gut Kochen. Im Laufe der Jahre gewöhnten wir uns das richtig an, daß man den Anderen eine richtige Freude machen kann, ohne daß der, dem man etwas macht, das Gefühl hat, jetzt auch etwas machen zu müssen. Wir machten einfach nur jemandem gerne eine Freude und an diesem Tag holte ich nach langer Zeit wieder meine Gitarre vor und erzählte ein paar Geschichten. In dieser Nacht brannte ein großes Feuer und wir aßen und tranken alle miteinander. Wir aßen aber nur, was wir selber gepflanzt und geerntet hatten. Nichts Gekauftes und Gestohlenes war auf unseren Tischen. Alles, was da war, war freiwillig da. Da war Brot und Butter, Honig und Marmelade, Käse, Gemüse, Obst, Wein und Bier, Nüsse. Und auch Fleisch gab es, obwohl wir nichts geschlachtet hatten. Wir mußten auf nichts verzichten und niemandem ging etwas ab. Die Kinder tobten bis spät in die Nacht herum und wir vertrauten dem Mond, daß er auf uns aufpaßt. Ich erzählte Ihnen, wie es draußen ausschaut und ich mußten nicht einmal übertreiben, damit es Ihnen kalt über den Buckel herunter lief. Vogel hab ich gesehen, sagte ich, mit drei Flügeln und Katzen, denen Federn gewachsen waren. Fische schwimmen in Ihren Flüssen herum mit zwei Köpfen und Sie fressen die verkrebste Leber von Ihren Gänsen. Kein Mensch kann mehr schwimmen, weil Sie es nicht mehr lernen können. Wo könnten Sie es denn lernen? Ihre Seen sind Schlammlöcher und in Ihren Flüssen scheint Tag und Nacht der Regenbogen. Häuser, so groß wie Kiesgruben, voll mit Kindern, die Keiner brauchen kann und eingefrorene Menschen gibt es, weil Sie gar nicht mehr so viele eingraben können, wie sterben. Ich habe in Ihren Augen Ungläubigkeit entdeckt. Die naive Ungläubigkeit, die Du hast, wenn du weißt, daß es stimmt, aber Du weißt, daß es Dir nicht passiert. Es ist noch nicht einmal zehn Jahre her und doch ist es eine Geschichte für sich geworden. Ich singe ein paar alte Lieder aus der Zeit, wo ich noch draußen war. Den Stoiber, den Rasenmähermann und dieses Zeug. Und ich denke an meinen ersten Auftritt.
Ich weiß, daß das Leben nicht aus Zufällen besteht, soviel Zufälle gibt es gar nicht. Das Leben besteht aus Glück haben und wenn ich nichts weiß, soviel aber weiß ich, daß man nur dann Glück hat, wenn man glücklich ist. Und egal, was auch immer war in meinem Leben, ich kann mich nicht daran erinnern, daß ich einmal nicht glücklich gewesen wäre. Vielleicht hat eine Frau mit mir Schluß gemacht und ich unglücklich. Aber dieses unglücklich sein meine ich nicht. Ich meine dieses unglücklich sein, wenn Du weißt, Du hast gar Keinen, das Wissen, Dich braucht Keiner und Du bist umsonst auf dieser Welt. Nein, dieses Unglücklich sein kenne ich nicht. Ich war immer glücklich, daß es mich gibt. Vielleicht, weil ich so gerne dazu gehören wollte als kleiner Bub und Sie mich nicht lassen haben, daß ich einer von Ihnen werde. Ich verbrachte schon immer gerne viel Zeit mit mir. Ich mußte ja, und weil ich Keinen zum Reden hatte, redete ich gerne mit mir. Ich träumte und erzählte mir schon immer gerne Geschichten. Aber als ich anfing, diese Geschichten laut zu erzählen, wurden sie wahr. Ich wollte Sie nicht durch mein Aussehen oder meine Sprache provozieren. Auch rauchte ich nicht extra Gras, wie Sie immer meinten. Nein, ich war halt so, uns Sie konnten es nicht ändern. Und weil sie so damit beschäftigt waren, mich zu ändern, haben Sie den Blick für die Realität verloren. Sie hören mir zu und Sie wissen, daß es die Wahrheit ist. Daß das Lebe
Daily Telegraph hat geschrieben:"Ein englischer Klub schlägt einen deutschen im Elfmeterschießen - notiert diesen Tag in euren Geschichtsbüchern."
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Rezeguet
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Beitrag von Rezeguet »

Daß das Leben aus Glück haben besteht. Und Sie wissen auch, daß Sie Glück hatten. Wir hatten viel Spaß in dieser Nacht. Und wir weinten viel miteinander in dieser Nacht. Und ich rauchte viel. Wir hatten einfach Glück.
Berge sah ich, so hoch wie Häuser, [vor] lauter toten Lebewesen.
Wieder andere Lebewesen brieten Sie bei lebendigem Leib oder schmissen Sie in kochendes Wasser. Elektrosonden wurden in die Arschlöcher von Wiesel, Marder und Iltisse gesteckt und Ihre kleinen Körper bäumten sich auf und wehrten sich zwanzig oder dreißig Sekunden lang, bis Sie den Kampf verloren hatten. Bei lebendigem Leib löffelten Sie Affen das Gehirn aus und rissen Schildkröten den Panzer auseinander.
Sie beten zu irgendeinem Gott hinauf und wundern sich, daß Sie keine Antwort bekommen. Darum geben Sie sich selber Antwort(en). Gefängnisse gibt es für Ihre Kinder und jene, die Sie nicht einsperren können, fahren Sie zusammen. Es ist noch nicht einmal zehn Jahre her und doch ist es schon (eine) Geschichte geworden.
Ich ging spät ins Bett in dieser Nacht und träumte, daß ein kleiner Bub gestorben ist. Ein kleiner Bub, irgendwo da draußen. Und keiner hat es gemerkt.
Aber ich träumte es.
Ich träumte, daß er da stand, schwer beladen mit Ziegeln, und kleine Bäche aus Tränen liefen über sein Gesicht herunter und baumelten in Tropfen an seinem Kinn.
Ich träumte, daß er nicht alt war, vielleicht fünf Jahre, und daß er rissige, schwielige, blutige kleine Hände hatte und mit denen schleppte er Ziegel.
Kleine, staubige, dreckige Füße schleppen sich über den Boden und Steine drücken sich ins eitrige Fleisch.
Ein zusammengepreßter Mund und große, dunkle Augen.
Irgend Jemand schreit und er zuckt zusammen und schleppt sich weiter.
Sie sagten, Sie lieben Ihre Kinder. Und als Sie sahen, daß schon zwei nicht satt werden, machten Sie gleich noch zwei. Sie sagten, Sie lieben Ihre Kinder, und Sie gaben Ihnen Waffen und schickten Sie in Kriege.
Ja, Sie sagten, Sie lieben Ihre Kinder. Und als Sie nicht mehr heim kamen, weinten Sie um Sie.
Und wieder schauten Sie zu Ihrem Gott auf und sagten:
Warum ausgerechnet ich?
Warum ausgerechnet ich?
Und ER gab wieder keine Antwort.
Er stand hinter Ihnen mit seinen Ziegeln und weinte. Sie löschten Ihre Zukunft aus und Ihr Gott schleppte Ziegel und Sie beteten immer noch den schwarzen Pressack an.
2011 gab es die letzte Erdbestattung und wir bestatteten unsere Toten wieder an der Luft. Entweder in einem Baum oder auf einem aus Holz gebauten Gerüst. Wir hätten die ganzen Wasserspeicher nicht anlegen können, wenn wir weiter eingegraben hätten und verbrennen war uns dann doch etwas zu stinkig. 300 Meter hinter der Schule war ein schöner Sonnenaufgangplatz und das wurde unser Friedhof. Nach der ersten Bestattung, die so gemacht wurde, waren wir überrascht, wie schnell das geht. Wir bahrten dann aber die frischen Toten immer ein wenig weiter entfernt auf, sonst hätte wir den Friedhof vor lauter Gestank nicht mehr begehen können. Wenn die Toten dann nach einer gewissen Zeit sauber abgefieselt waren, legten wir die Gerippe, so wie Sie waren, ohne daß wir Sie durcheinanderbrachten, hinüber in den Hauptfriedhof zu den Anderen dazu. Das war etwas, was wir alle zusammen machten. Wir verabschiedeten uns alle miteinander von Ihnen und erinnerten uns, wer und was der Betreffende war und nun wußte jeder, wo der Tote liegt. Das war auch die Zeit, wo wir das letzte mal was von der Regierung hörten. Aber das war nur ein kurzes Aufbäumen und dann war für immer Ruhe. Der Stoiber drohte noch einmal mit einem Armee-Einsatz und die Groß-Gmainer und die Pidinger drohten, dann ebenfalls Ihre Straßen zuzumachen, wenn Sie uns nicht in Ruhe ließen, und dann traute er Sich ohnehin nichts mehr. Wir wurden sehr bewundert im Umkreis und es waren immer Leute von außerhalb bei uns. Es durfte ein Jeder kommen und Jeder wurde höflich behandelt. Aber Sie kamen zu Fuß und hielten sich an unsere oberste Regel, die da lautete: Respekt.
Einige blieben da und einige gingen in dieser Zeit, aber das hörte sich dann auf und so kommt heute keiner mehr dazu. Nur im Herbst nahmen wir 33 Afrikaner bei uns auf, die von der Abschiebung bedroht waren, und gaben Sie nicht mehr her. Sie probierten es mit Nacht- und Nebelaktionen, aber Sie hörten dann auf damit, weil Sie Ihre Autos immer hinaus schieben mußten. Und einfach so hinaus zu schleppen war zu laut und zu gefährlich. Neger schreien ja gleich so, wenn Du Sie verschleppen willst.
Unser Dorf wurde dann richtig farbig und bunte Stoffe wurden gewebt und gefärbt und Sie trugen lange Gewänder, unsere Frauen und Mädchen. Ja, es waren schöne Menschen in dem Dorf, in dem ich leben durfte, und die Kinder wurden braun und erdfarben.
Wie die ersten Menschen auf der Welt.
Ich arbeitete gerne mit Ihnen auf den Feldern und lernte Ihre Lieder und Rhythmen.
Afrikaner sind so wie alle Menschen, außer, Sie sind hungrig. Aber alle Menschen sind anders, wenn Sie hungrig sind.
Wir kennen nur vertriebene, gefolterte, betrogene, vergewaltigte, sterilisierte, verschleppte und kranke Afrikaner. Das waren Sie aber nicht bei uns weil Sie dazugehört haben und niemandem zur Last fielen. Sie arbeiteten und sangen gerne und es war für uns eine große Bereicherung, daß wir so mit Ihnen leben konnten und durften.
Ich kann mich noch an meinen letzten Urlaub auf Jamaika erinnern, es war ein Abschiedsurlaub im Frühjahr 1996. Ich fühlte mich so zu Ihnen hingezogen aber Sie gaben mir keine Chance. Sie waren dieselben Rassisten wie die Weißen, genauso unversöhnlich und gierig. Sie machten Unschuldige zu Schuldigen und brachten sich gegenseitig um und denunzierten sich wie wir Weißen. Ich wußte, daß ich nicht mehr in dieses Land kommen brauchte, weil ich erkannte, daß ich nur dort, wie ich hingehöre etwas verändern kann. Und dort gehörte ich nicht hin. Ich wußte, daß wir nie Brüder und Schwestern sein würden und wenn ich wo nicht gerngesehen bin, geh ich dort nicht mehr hin. Jetzt lebe ich so lange Zeit mit Ihnen und bin mir bewußt, daß ich mich getäuscht habe. Jetzt weiß ich, daß wir alle eine Familie sein können, Schwarz und Weiß, Rot und Gelb.
Aber es darf Keiner hungern.
Unser Dorf wurde Afrika und wir alle Afrikaner.
Braun und erdfarben
Ich fing erst durch Zufall mit sechsundzwanzig mit dem Grasrauchen an. Und damals rauchte ich wirklich nur Gras. Mehr war das nicht. Aber etwas komisches passierte mit mir. Ich rauchte meinen ersten Joint und wartete auf die Wirkung. Und ich wartete und wartete und wartete. Und was soll ich sagen, ich lernte das Warten. Es pressierte nichts mehr und doch wurde alles zu seiner Zeit fertig.
Das ist Rasta. Ich konnte plötzlich warten.
Das darf man nicht mit Kiffen verwechseln. Ein Kiffer wartet auch. Aber der macht nichts fertig. Der fängt alles nur an. Ich konnte plötzlich warten. Aber manchmal, da kannst Du es einfach nicht erwarten. Und dann hast Du einen Fehlstart und du mußt zurück gehen, sonst kommst Du nicht ans Ziel. Du darfst dann nicht weiter laufen, sonst verschwendest Du Deine ganze Kraft und Dir bleibt nichts für einen zweiten Versuch.
Und das in Berlin, das war ein Fehlstart. Und ich bin zurück in die Startlöcher und nicht weiter gelaufen, sondern habe gewartet.. Ich ließ mich auf Ihr Spiel ein und spielte nach Ihren Regeln mit. Ich gab Antworten und erklärte meine Religion. Aber Sie redeten von öffentlichem Interesse und von Ihren Gesetzen und ich hatte das Thema verfehlt.
Hinsetzen, das war eine sechs.
Ich bettelte Sie um Hilfe an aber es war umsonst. Ich hätte erkennen müssen, daß Sie Feiglinge sind, die nur ihre Zeit absitzen, genauso, wie es auch ein Pförtner tut. Aber einem Pförtner brauche ich wenigstens nichts erklären. Ich hätte erkennen müssen, daß Sie Angst um Ihre berufliche Zukunft haben und daß sie bestechlich und korrupt sind.
Wenn einer Angst hat, daß er in fünfzehn Jahren zweihundert Mark weniger Pension bekommt, dann ist er korrupt und bestechlich. Wie konnte ich glauben, daß in einem Land, welches von Feiglingen regiert wird, die Richter, die von diesen Feiglingen bezahlt werden, mutiger sind? Wie konnte ich mich nur so täuschen? Wie konnte ich nur vergessen, daß Krieg ist, auf dieser Welt? Aber ich habe das Warten gelernt und so warte ich auf den nächsten Start und ich weiß, daß Ich gewinnen werde. Ich weiß deshalb so genau, daß ich gewinnen werde, weil ich mehr Glück habe als Sie. Weil ich das Glück habe, daß ich all das schon bin, was Sie sich auch mit fünfhundert Mark mehr Pension nicht erkaufen können.
Glücklich.
Ich weiß, daß Ich es ohne Sie schaffe, aber ohne mich gäbe es Sie nicht. Manchmal stelle Ich mir vor, in ganz Deutschland würden einen Monat lang keine Straftaten mehr begangen. Einen Monat lang nicht falsch parken und nicht zu schnell fahren, keine Verkehrsdelikte und Ladendiebstähle, keine Raubüberfälle keine Schlägereien und Mißhandlungen, nichts, keine abgebrochene Antennen und keine Nötigung, nichts, nichts, nichts, es passiert einfach einen Monat lang nichts. Oh Mann, wahrscheinlich brächten Sie ein Gesetz heraus, daß ein jeder Deutscher wenigsten einmal in der Woche eine Straftat nachweisen muß, sonst muß er tausend Mark Strafe zahlen.
Wie soll ich solchen Leuten meinen Glauben erklären, wo Sie doch selber an gar nichts glauben? Mich würde interessieren, ob in der heutigen Zeit noch einmal Einer glauben würden, daß Sie ein Kind vom Heiligen Geist hat. Wahrscheinlich kamen Tausende von Kindern in Frauenirrenanstalten auf die Welt, die alle seine Söhne waren. Wie soll ich solchen Leuten meinen Glauben erklären. Sie sitzen da und ich weiß genau, daß Sie meinen Pullover betrachten und meine Schuhe und nicht in meine Augen schauen. Sie sehen meine Haare und meinen Bart und ich kenne Ihr Urteil. Ich bin sicher, Sie hätten anders geurteilt, wenn Sie den Mut gehabt hätten, sich die Augen zu verbinden und nur dem Lauschen, was ich sage. Ich bin sicher, Sie hätten anders geurteilt, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, bei mir vorbei zu schauen und zu sehen, wie ich wohne. Ich bin sicher, Sie hätten anders geurteilt, wenn Sie einmal mit uns zu Abend gegessen hätten. Ich bin sicher, sie hätten anders geurteilt, wenn Sie meinen Dialekt als meine Sprache anerkannt hätten. Aber überall war Krieg und da schaute man nicht, wie einer lebt, ißt oder spricht. Nein, da schaute man, was Einer an hatte und schoß, oder nicht. Und sie schossen auf mich. Aber es passierte mir nichts. Der Hanf wuchs trotzdem weiter und ich warte. Es war schon lustig, als Sie mich fragten, ob es denn in meinem Glauben auch ein Paradies gibt. Ich verstand die Wichtigkeit dieser Frage nicht und meinte, Sie machen Scherze. Was soll man jetzt da drauf sagen?
Freilich, sagte ich, aber ich kann es nicht beweisen, weil ich keinen kenne, der schon einmal dort war. Ja wie denn das Paradies aussieht, wollten Sie wissen. Das ist eine ganz große Gärtnerei sagte ich, und da bauen Sie nur Hanf an und wenn Wir sterben müssen, dann werden Wir alle Gärtner und müssen Gras anbauen.
Immer?
Ja, immer Ich.
Ja, das gefiel Ihnen, den fünfundzwanzig Deppen und Sie kamen auf Ihre Kosten. Und ich spielte Ihr Spiel mit. Nein, an jenem Tag hatte Ich einen Fehlstart und konnte nicht erklären, daß Rasta einfach Respekt ist. Respekt vor Gott und den Verträgen, die man mit Ihm gemacht hat.
Rasta, das heißt nichts nehmen, was einem nicht zusteht und aufeinander aufpassen.
Rasta, das heißt 30 Jahre zurück riechen können und nicht vergessen. Rasta, daß heißt immer an einen Frieden glauben und Ziele haben.
Wer keine Ziele hat, glaubt an nichts.
Rasta heißt sauber sein, an diesem Tag. Und weil kein Rasta den Tag kennt, ist er immer sauber.
Rasta ist das Wissen um seine Zukunft.
Rasta war das Erste auf dieser Welt und Rasta wird das letzte sein, auf dieser Welt.
Ja, Rastafar Ich.
Ich und Ich. Immer?
Ja, immer Ich.
Wir feiern jedes Jahr nur ein wirklich großes Fest. Und da laden wir immer die von draußen dazu ein. Wir feiern schon viel und gerne, aber dieses Fest ist das größte und uns das wichtigste. Wir würden jedes andere Fest verlegen oder darauf verzichten, aber nicht auf dieses. Wir feiern Weihnachten auch nicht am 24. 12., sondern am 11. Oktober, weil da die Geburt vom letzten Kind war und wir freuten uns, daß das diesmal ein Mädchen war. Ja, dieses Fest ist uns das wichtigste. Wir feiern unseren "Jetzt gehört es uns" Tag am 2. November und laden immer alle dazu ein. Alle Haustüren sind auf und wir kochen im Freien. Manchmal ist es schon saukalt aber wir tanzen und singen und die schwarzen Sklaven ziehen Ihre weißen Eroberer an Eisenketten durchs Dorf und die Blechmusik spielt dazu. Aber zum Schluß tanzen alle miteinander, die Sklaven und die Eroberer, die von draußen und die von drinnen, die Alten und die Jungen, und es friert keinen mehr. Aber noch etwas begannen wir am 2. November. Wir ließen alle Uhren still stehen und die Zeit auf dem Kirchturm zeigte vier Minuten nach halb neun an. Da drehte das letzte Polizeiauto an der Schwarzbacher Grenze um und fuhr über die Autobahn nach Reichenhall und nicht durch unser Land. Alle Uhren bei uns im Dorf, viele sind ohnehin nicht mehr da, zeigen die selbe Zeit an.
Immer?
Ja, immer Ich.
Wir gewöhnten uns ab unsere Tage zu zerstückeln, und teilten sie in Vormittag, Nachmittag, Abend und Nacht ein. Für uns begann der Tag, wenn die Sonne aufging, und er war vorbei, wenn Sie unterging.. Das heißt nicht, daß wir nur einfach alles taten, wonach wir Lust hatten.. Nein, das heißt das nicht.
Du kannst das Gras oder den Hopfen oder die Äpfel nicht dann abernten, wenn Du Lust hast. Wir hielten uns an Ihre Termine und Sie gab uns Urlaub oder ließ uns arbeiten. Die Welt, das Stück Land, auf dem wir lebten, war unsere Uhr und der Frühaufsteher melkte die Kühe und der Spätaufsteher zündete die Laternen an. Und ein jeder tat zu seiner etwas und wir wurden immer termingerecht fertig. Im Urlaub, da warteten wir. Jedes Lebewesen auf dieser Welt hat Termine. Ob es die Gnus in Afrika sind, oder die Schafe am Fuderheuberg. Alles hat seine Termine. Ich verstand nie, wie Sie einen Baum im Herbst umschneiden konnten, wo er doch im Frühjahr seinen Termin hat. Da muß er Blätter bekommen und die Luft sauber halten. Ja, alles hat Termine und wir hielten uns an die Unsrigen. Es dauerte Jahre, bis wir uns das "wie spät ist es?" abgewöhnten und anfingen zu sagen "Ich komme, wenn der Regen aufhört oder "der Tisch ist im Herbst fertig". Wir brauchten das Zeitgefühl für Stunden und Minuten nicht mehr. Es genügte zu sagen, nachher oder gleich. Es gab schon noch morgen und übermorgen. Das hörte ja mit dem Stehenbleiben der Zeit nicht auf. Aber wir lebten nicht nach Minuten und Stunden. Wie oft ärgerte ich mich früher, wenn etwas um drei Uhr ausgemacht war, und es dann erst um zwanzig nach drei stattfand. Ich haßte Unpünktlichkeit und hasse sie noch heute. Ich bin stocksauer, wenn Einer zu mir sagt, er kommt am Nachmittag, und dann kommt er erst am Abend. (Wobei wir die Jahreszeiten berücksichtigen.) Nachmittag ist nach Mittag und am Abend ist es schon dunkel. In der Nacht schlafe ich und am abend bin ich noch wach. Wenn Einer zu mir sagt, daß Er am Nachmittag kommt, heißt das nicht, daß Ich da jetzt sitze und warte bis Er kommt, sondern es heißt, daß Ich weiß, daß Er kommt, und wenn Ich gerade nicht da bin ,wenn Er Kommt, dann komme ich nachher gleich und das nachher gleich sind nicht eineinhalb Tage, sondern es bedeutet, daß Er es erwarten kann. Und so habe Ich mich bis jetzt noch mit Jedem getroffen, mit dem Ich etwas ausgemacht habe. Mit dem Abstellen von der Uhr fingen wir wieder an, uns selbst auszudrücken und unsere Sprache oder bestimmte Worte betonen, Wir sprachen wieder Dialekt und verstanden uns wieder. Gleich und gleich ist nicht gleich. Und jetzt gleich oder nachher gleich darf man nicht verwechseln, [sonst bist Du oft schlecht drauf und Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann Ich das letzte Mal schlecht drauf war.] Wir hielten unsere Termine ein und niemand war uns mehr böse. Sie kamen in unser Dorf und wir freuten uns auf Sie und lachten und schwiegen mit Ihnen. Sie saßen in unseren Häusern und niemand sagte, jetzt wird es aber dann Zeit. Sie spielten mit unseren Kindern und tanzten mit unseren Frauen, Sie aßen und tranken mit uns und wenn Sie froren, machten Wir Ihnen die Türen auf und ließen Sie ein. Sie sahen, daß Wir auf nichts verzichten mußten und mehr unser eigen nannten, als alles Geld auf dieser Welt wert ist. Wir mußten nicht mehr auf die Uhr blicken und vergaßen darob unser Alter. Es gab nur noch drüben und herüben, draußen und drinnen. Wir waren endlich drinnen.
Wir gingen von draußen aus der Kälte hinein in die Wärme, aber Wir sperrten die Türen nicht zu hinter uns. Wir waren endlich zuhause. Ja, Wir waren endlich zuhause, aber Wir mußten die Türen nicht mehr zusperren.
Unser Leben ist ein Tag im Universum. Da gibt es in die Frühe und den Abend. Da gibt es einen Vormittag und einen Nachmittag, einen Mittag und eine Nacht, und wenn Wir irgendwann nicht mehr dabei sitzen und mitreden können, dann ist es Nacht geworden. In der Frühe kamen Wir zur Welt und am Nachmittag hatten Wir schon graues Haar. Die Sonne schien an jenem Tag, an dem Wir lebten, und es gab Wolken. Es war naß und es war kalt an jenem Tag. Es war hell und schließlich wurde es dunkel. Aber Ich vergaß nicht, daß die Sonne immer schien, auch wenn Ich Sie gerade nicht sah.
Immer.
Ja, immer Ich.
Morgen kommt die nächste Generation und übermorgen die nach ihr.
Sie werden vergehen und kommen.
Aber die Sonne scheint immer.

Ich bin jetzt 93 und hatte den ganzen Sommer über immer gehofft, daß der Herbst bald Einzug hält. Ich merkte es schon im Frühjahr und nahm den ganzen Sommer über Abschied. Ich war komischerweise nicht traurig. Ich dachte mir immer, traurig würde ich schon sein, wenn es so weit ist. Aber ich empfand keine Traurigkeit. Mein Termin kam und ich wurde zur rechten Zeit fertig. Ich wollte immer im Herbst oder Winter sterben und jetzt hatte es auf den Bergen frisch geschneit. Für mich, damit ich wußte, daß Herbstzeit ist. Ich war jeden Tag bei meinem Buben und jetzt freute ich mich richtig auf Ihn. Ich verbrachte den ganzen Tag mit meinen Kindern und meiner Frau und nun sitzen wir alle auf der Terrasse und warten auf meinen Sonnenuntergang. Ich schaue nicht zurück auf mein vergangenes Leben, ich schaue nach vorne zu meinem neuen. Ich hatte viel mehr Glück gehabt in diesem Leben als ich gebraucht hätte, für die kurze Zeit, die es dauerte, aber vielleicht war gerade das der Grund, weshalb mir niemand neidisch war. Ich nahm mir nie etwas, habe alles bekommen. Ich weiß, daß Sie traurig sind, weil ich morgen nicht mehr an Ihrem Tisch sitzen werde. Ich sehe Ihre Tränen herunter laufen. Was kann schöner sein, als das Bewußtsein darüber, geliebt zu werden. Wir sitzen da und warten auf den Sonnenuntergang und brauchen nichts mehr zu reden in irgend einer Sprache. Wir schauen uns nur an.
Die nächsten Tage wird es kalt werden und vielleicht schneit es sogar. Es ist eine gute Zeit zu gehen. Wir schauen uns in die Augen und sagen uns in Gedanken noch einmal all das, was wir uns je im Leben gesagt hatten und wir brauchen uns für nichts entschuldigen oder schämen. Ich kann mein Leben zu Ende bringen und das Schönste ist, daß ich selber entscheiden kann, daß es heute sein wird. Ich könnte noch zwei oder drei Wochen leben oder länger, und es ist nicht so, daß ich sterbenskrank bin. Nein, ich fühle mich sogar wohl. Aber ich weiß, daß das heute mein Sonnenuntergang ist und ich habe mir vorgenommen, daß ich nicht mit Ihm handeln werde. Ich bin aufgestanden, wie wenn ich unter Drogen stünde, als die Sonne weg war, und sie sind sitzen geblieben. Ich bin aufgestanden, als wenn ich gleich wieder kommen würde. Mit dem einzigen Unterschied, daß ich mich während des Weggehens noch einmal umgedreht habe, weil ich wußte, daß ich Sie mit diesen Augen nicht mehr sehen würde.
Ich nahm mein Bündel und bin hinüber nach Marzoll zu meinem Ahorn. Und die Blätter waren rot, gelb und grün. Ich stieg hinauf zu meinem Bett, das meine Buben gebaut hatten, kroch in den Fellsack, den meine Frau mir genäht hatte, legte mich zum Schlafen und schlief ein mit dem Gedanken, daß Sie immer scheinen wird.
Auch wenn ich Sie nicht mehr sehe.
Immer
Ja, Rastafari, Ich
Immer Ich.

Ihre Adern waren leer und Ihr Herz hatte sich schmerzhaft verkrampft, als es nichts mehr durch zu pumpen gab. Der letzte Schlag war ein Zucken und dann entspannten sich alle Muskeln. Ihr Gehirn lebte noch, als Sie Ihren toten Körper mit der Kettensäge vom Schwanz bis zum Schädel, am Rückgrat entlang, aufschnitten, und versuchte, sich an den Sonnenuntergang zu erinnern. An irgend einen Sonnenuntergang. Aber es waren keine Erinnerungen mehr da. Die hatten Sie gerade mit dem Schlauch vom Hänger herunter gespritzt. Am nächsten Tag zogen sich alle ihr schönes Gewand an und gingen in die Kirche, sangen und beteten, und den Tag darauf wurde es wieder Montag.
Am 19. Dezember 3009 stand in der Zeitung, daß der letzte König von dieser Welt gestorben war.
Er hatte sein Reich verlassen, in dem alles sauber und zusammen geräumt war, und hatte sich auf den Heimweg gemacht. Er war der einzige, der sich auf den Weg nach Süden gemacht hatte und an einem schönen klaren Tag kam er am Meer an und schwamm hinaus zu seinen Brüdern und Schwestern.
Aber er traf keinen von Ihnen.
Es gab keinen Wal mehr.
Eines Tages standen wir alle vor Ihm und er war gerührt und ihm liefen die Tränen herunter und baumelten in Tropfen am Kinn.
Er weinte, weil er sich schämte und erkannte, daß wir alle seine Kinder waren.
So wurden Wir durch unser Gehen, was Wir mit unserem Bleiben nie hätten werden können.
Väter und Mütter.
Söhne und Töchter.
Ja, Rastafar Ich.
Gott.
Afrika.
Wir waren die Ersten.
Daily Telegraph hat geschrieben:"Ein englischer Klub schlägt einen deutschen im Elfmeterschießen - notiert diesen Tag in euren Geschichtsbüchern."
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elleshar25
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Beitrag von elleshar25 »

Weiß nicht so recht, ob es hierher passt oder eher in den Witzethread. Es macht mich jedenfalls nachdenklich, ist gleichzeitig aber auch humorvoll. Wenn's ned passt, löschen.

Ein kleiner Test:

Du fährst in Deinem Auto nachts nach Hause. Schreckliches Wetter. An einer Bushaltestelle siehst Du:

1. Eine alte Frau, die kurz vorm Abnippeln steht, und dringend ins Krankenhaus muss.
2. Deinen besten Freund.
3. Die Frau, welche die Frau Deines Lebens sein könnte.

Was machst Du, wenn in Deinen Sportwagen leider nur eine Person zusätzlich hineinpasst, und Du Dich schnell entscheiden musst ?

Rettest Du dem Mütterchen das Leben ? Nimmst Deinen besten Freund mit ? Oder die Frau, die diejenige welche sein könnte ?
Dilemma, oder ?

Entscheiden Sie sich jetzt!
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Der moralische Lösungsvorschlag: Gib Deinem besten Freund die Autoschlüssel, und lass ihn die alte Dame ins Krankenhaus bringen, während Du die nette junge Dame angräbst.

Moral: Lass Dir durch Fragestellungen niemals die Kreativität nehmen. Denke einmal ums Eck, und es findet sich eine moralisch vertretbare Lösung für jedes Problem.

So nun aber die korrekte Lösung:

Überfahr die alte Oma und erlöse sie damit von ihrem Elend, vernasch die Kleine noch an der Bushaltestelle und geh danach mit Deinem Kumpel einen trinken.
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hafensaenger
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Beitrag von hafensaenger »

I gave you up for nothing,
The day you went away,
I lost you to the sunset,
That´s sinking to the grey

Say you didn´t mean to hurt me,
I`ll say that I forgive,
Say you think of me with fondness,
Give me reason now to live.

If i had what you wanted,
Would that now have been a never,
Still watching the horizon
And know I`ll wait forever.
"We choose our joys and sorrows
long before we experience them."

- Kahlil Gibran-
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andra332
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Beitrag von andra332 »

If tomorrow never comes

If I knew it would be the last time
that I'd see you fall asleep,
I would tuck you in more tightly
and pray the Lord, your soul to keep.

If I knew it would be the last time
that I see you walk out the door,
I would give you a hug and kiss
and call you back for one more.

If I knew it would be the last time
I'd hear your voice lifted up in praise,
I would video tape each action and word,
so I could play them back day after day.

If I knew it would be the last time,
I would spare an extra minute or two
to stop and say "I love you,"
instead of assuming you would know I do.

If I knew it would be the last time
I would be there to share your day,
Well I'm sure you'll have so many more,
so I can let just this one slip away.

For surely there's always tomorrow
to make up for an oversight,
and we always get a second chance
to make everything right.

There will always be another day
to say "I love you,"
and certainly there's another chance
to say our "Anything I can do's?"

But just in case I might be wrong,
and today is all I get,
I'd like to say how much I love you
and I hope we never forget,
tomorrow is not promised to anyone,
young or old alike.
And today may be the last chance you get
to hold your loved one tight.

So if you're waiting for tomorrow,
why not do it today?
For if tomorrow never comes,
you'll surely regret the day
that you didn't take that extra time
for a smile, a hug, or a kiss,
and you were too busy to grant someone,
what turned out to be their one last wish.

So hold your loved ones close today,
whisper in their ear,
tell them how much you love them
and that you'll always hold them dear.

Take time to say "I'm sorry,"
"please forgive me," "thank you," or "it's okay."
And if tomorrow never comes,
you'll have no regrets about today.
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elleshar25
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Beitrag von elleshar25 »

wie sehr wünsche ich mir, ich hätte manches nicht gesagt oder getan, wie sehr wünsche ich mir, ich könnte manches noch sagen und tun, denn die menschen, die am ende ihres lebens sagen "ich bereue nichts" sind narren. ich bereue vieles. es geht mir deshalb nicht besser, aber ich kann nicht anders. wie gerne würde ich manches nochmal sagen und tun. aber ich bin zu stolz und stur. wie heißt es so schön: "mein ritter in seiner goldenen rüstung auf seinem pferd hat sich im wald verirrt und ist zu stur, nach der richtung zu fragen. nun das gilt in umgekehrter richtung genauso. so bleib ich einfach still und sinniere ein wenig. ich warte auf ein zeichen, eine nachricht und weiß doch, dass meine prinzessin noch stolzer ist als ich.
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Ludwig
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Beitrag von Ludwig »

Ne kleine Anektote

Während des 1 Weltkrieges wurde Sir Thomas Beecham *1879 + 1961 von den Presseleuten immer wieder gedrängt, Werke deutscher Komponisten , besonders die von Richard Wagner von den Programmen zu streichen.
Als die Hetze immer heftiger wurde, erklärte der Dirigent dem Verleger der bedeutesten Londoner Zeitung: "In Ihrem Verlagsgebäude hängen zwei wundervolle echte HOHLBEIN-GEMÄLDE.
Wenn Sie diese Bilder öffentlich auf dem TRAFALGAR-SQUARE verbrennen, werde ich sofort aufhören, Richard Wagner aufzuführen."
Da gab sich der Pressemagnat geschlagen.

Gruss Ludwig
Dr Wunderfitz macht Jungfern rar.
(Schwäbisches Sprichwort)
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Ludwig
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Beitrag von Ludwig »

@elleshar
Deine Geschichte ist irgentwie ziemlich traurig, stimmt nachdenklich
Diese Ängste und diesen Stolz hat wohl schon jeder mal gehabt und hat sich auf die Zunge gebissen, weil er/sie nicht in der Lage war, über seinen/ihren Schatten zu springen.
Ist doof und denoch macht man es :hammer:

Gruss Ludwig
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anke
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Beitrag von anke »

Hier hab ich mal was, was nicht auf meinem Mist gewachsen ist, aber auf Eleonor Raven's Mist im 3.Buch Cauri Absatz März, Satz ichweißnichwo,, aber ganz schön fand


MITTERNACHT IM GARTEN VON GUT UND BÖSE

Liebe - verloren und gefunden
Momente voller
Leben - erfühlt und empfunden
Verloren oft im Sog der puren Leidenschaft
Doch durch Dich voll Mut und Kraft
Gleich der Morgenröte nach tiefster Nacht
Hast Du mich zurück ans Licht gebracht

Befreit aus jener dunklen Stunde
Der Mitternacht des Gartens von Gut und Böse
Die Zeit der Reise durch den "Wilden Garten"
Vorbei - doch niemals ganz vergessen

Die Knospen der Wilden Rosen
Sie erblühen tief in meiner Seele
Erweckt zu neuem Leben
Durch das Licht Deiner Liebe
Getränkt von den Wassern
Der Tränen unserer Sehnsucht


Hat doch wirklich was romantisches oder?
Also mich hat es berührt -- spricht es mir doch momentan aus der Seele :D


Groetjes :bussi:
Anke :bounce:
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andra332
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Beitrag von andra332 »

Dies is eines, der wenigen Lieder, die mir zur Zeit von Text her, aus der Seele sprechen.. auch wenns ned so ganz meine Musikrichtung is ;)

What's wrong with the world, mama
People livin' like they ain't got no mamas
I think the whole world addicted to the drama
Only attracted to things that'll bring you trauma
Overseas, yeah, we try to stop terrorism
But we still got terrorists here livin'
In the USA, the big CIA
The Bloods and The Crips and the KKK
But if you only have love for your own race
Then you only leave space to discriminate
And to discriminate only generates hate
And when you hate then you're bound to get irate, yeah
Badness is what you demonstrate
And that's exactly how anger works and operates
Nigga, you gotta have love just to set it straight
Take control of your mind and meditate
Let your soul gravitate to the love, y'all, y'all

People killin', people dyin'
Children hurt and you hear them cryin'
Can you practice what you preach
And would you turn the other cheek

Father, Father, Father help us
Send us some guidance from above
'Cause people got me, got me questionin'
Where is the love (Love)

Where is the love (The love)
Where is the love (The love)
Where is the love
The love, the love

It just ain't the same, always unchanged
New days are strange, is the world insane
If love and peace is so strong
Why are there pieces of love that don't belong
Nations droppin' bombs
Chemical gasses fillin' lungs of little ones
With the ongoin' sufferin' as the youth die young
So ask yourself is the lovin' really gone
So I could ask myself really what is goin' wrong
In this world that we livin' in people keep on givin'
in
Makin' wrong decisions, only visions of them dividends
Not respectin' each other, deny thy brother
A war is goin' on but the reason's undercover
The truth is kept secret, it's swept under the rug
If you never know truth then you never know love
Where's the love, y'all, come on (I don't know)
Where's the truth, y'all, come on (I don't know)
Where's the love, y'all

People killin', people dyin'
Children hurt and you hear them cryin'
Can you practice what you preach
And would you turn the other cheek

Father, Father, Father help us
Send us some guidance from above
'Cause people got me, got me questionin'
Where is the love (Love)

Where is the love (The love)
Where is the love (The love)
Where is the love
The love, the love

I feel the weight of the world on my shoulder
As I'm gettin' older, y'all, people gets colder
Most of us only care about money makin'
Selfishness got us followin' in the wrong direction
Wrong information always shown by the media
Negative images is the main criteria
Infecting the young minds faster than bacteria
Kids act like what they see in the cinema
Yo', whatever happened to the values of humanity
Whatever happened to the fairness in equality
Instead in spreading love we spreading animosity
Lack of understanding, leading lives away from unity
That's the reason why sometimes I'm feelin' under
That's the reason why sometimes I'm feelin' down
There's no wonder why sometimes I'm feelin' under
Gotta keep my faith alive till love is found

People killin', people dyin'
Children hurt and you hear them cryin'
Can you practice what you preach
And would you turn the other cheek

Father, Father, Father help us
Send us some guidance from above
'Cause people got me, got me questionin'
Where is the love (Love)

Where is the love (The love)
Where is the love (The love)
Where is the love (The love)

Where is the love (The love)
Where is the love (The love)
Where is the love (The love)
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Argh
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Beitrag von Argh »

War einmal ein Revoluzzer,
im Zivilstand Lampenputzer;
ging im Revoluzzerschritt
mit den Revoluzzern mit.

Und er schrie: «Ich revolüzze!»
Und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr,
kam sich höchst gefährlich vor.

Doch die Revoluzzer schritten
mitten in der Strassen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt
alle Gaslaternen putzt.

Sie vom Boden zu entfernen
rupfte man die Gaslaternen
aus dem Strassenpflaster aus,
zwecks des Barrikadenbaus.

Aber unser Revoluzzer
schrie: «Ich bin der Lampenputzer
dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!

Wenn wir ihn' das Licht ausdrehen,
kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Lasst die Lampen stehn, ich bitt! –
Denn sonst spiel ich nicht mehr mit.»

Doch die Revoluzzer lachten,
und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich
fort und weinte bitterlich.

Dann ist er zu Haus geblieben
und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt
und dabei doch Lampen putzt.
(von Erich Mühsam)
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