Nach Kalanos!

Die Tantalischen Berge - Land des Tantalusss

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Sethra Lavode
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Nach Kalanos!

Beitrag von Sethra Lavode »

Erwachen.
Den Fels zu verlassen war der schwerste Schritt. Nicht wegen der physikalischen Schwierigkeiten, nein, wegen der Behaglichkeit dort.

Außerhalb des Felsens war es Sethra lange unbehaglich, auch wenn dies ihre gewohnten Gemächer waren, aus dem Gestein des Berges geschlagen, der ihren Wohnsitz barg. Die Gewohnheit aber lag allzu lange zurück. Wie eine Fremde bewegte sie sich durch die doch vertrauten Kammern und Flure.

In der Vorratskammer blieb sie stehen. Leer. Natürlich, sie hatte sie gewiß ausgeräumt, bevor sie sich in den Fels zurückgezogen hatte. Eine Art Verlangen wurde ihr immer deutlicher spürbar. Blut? Nein, dies war nicht der Ruf des Blutes. Dies war - ah! Ja, danach verlangte sie. Aber dieses Bedürfnis ließ sich hier und jetzt nicht stillen.

Sethra suchte ihre Kleiderkammer auf. Mit einem Zauber, der ihr längst entfallen war, gegen Verfall geschützt, fand sie hier alles Nötige um Blöße zu bedecken. Sie kleidete sich sehr langsam an, denn die Funktionen der einzelnen Teile waren ihr nicht mehr vertraut. Schließlich aber stand sie da, in schwarzen Hosen, die in hohen schwarzen Stiefeln steckten und einer schwarzen Bluse. Sie wand einen Schal aus ineinanderfließenden Grau- und Schwarztönen so um ihre Haare, dass die nicht mehr zu sehen waren und die Enden des Schals auf ihren Rücken fielen. Zuletzt griff sie zu einem Umhang aus schwerem Wollstoff, der die gleiche eigenartige Färbung wie der Schal hatte.

Wieder schritt sie durch die Flure und betrat die Waffenkammer. Zwischen allerlei Kriegsgerät lag ein Dolch gleich einer Flamme aus Eis. Zögernd näherte sie sich ihm. Sie streckte die Hand aus und ließ sie wieder fallen. Nein, dafür war sie nicht länger geeignet. Mit leisem Bedauern, als verließe sie einen guten Freund, den sie vielleicht nie wiedersehen würde, trat sie wieder aus der Waffenkammer und verschloß sie.
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Sethra Lavode
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Eine unangenehme Überraschung

Beitrag von Sethra Lavode »

Keines ihrer Warnsysteme hatte sie geweckt. Der Grund für die Rückkehr aus dem Felsen war weniger faßbar. Etwas störte ihr empfindliches Gefühl für Gleichgewicht.

Sethra trat auf einen natürlichen Vorsprung dieses hohen Gipfels im großen Donnergebirge. Es war Nacht, schöne, dunkle, lichtarme Nacht. Hier oberhalb der Wolkendecke hatte sie einen ungestörten Ausblick auf die Sterne. Die halfen ihr nicht weiter. Um zu ergründen, was nicht in Ordnung war, würde sie den Berg verlassen müssen. Es war Zeit, sich unter die Wesen zu mischen, die die Tantalischen Berge bevölkerten.

Sie öffnete weit ihren Umhang und sprang ab. Sie flog. Und wurde sofort von einem Terror solchen Ausmaßes geschüttelt, das sie rücklings auf den Vorsprung zurückfiel.
Mit dem beruhigenden Gefühl des Felsens unter sich klärte sich rasch ihr Geist. Sie suchte zu verstehen, was ihr da gerade widerfahren war und konnte nur zu einem Schluß gelangen: Sie litt an Höhenangst. Das war ebenso neu wie unwillkommen. Aber Sethra hatte sich nie den Tatsachen des Lebens oder des Todes widersetzt. Sie würde eben den langen Weg zu dem, was Menschen gerne die Zivilisation nannten, nehmen.

Ohne einen Seufzer aber auch ohne Ergebenheit schritt Sethra wieder durch ihre Kammern bis zu der Wendeltreppe, die damals jeden ihrer Besucher zur Verzweifelung getrieben hatte, der sie hochsteigen mußte. Sie begann den Abstieg.
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Sethra Lavode
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Abstieg

Beitrag von Sethra Lavode »

Endlos wand sich die Treppe in die Tiefe. So schien es. Doch auch diese Treppe lief irgendwann in einer letzten Stufe aus. Sethra stand vor einer unscheinbaren Tür in der Felswand. Sie erinnerte sich mit einiger Mühe an den Öffnungsmechanismus und trat hinaus auf einen schmalen Pfad. Auch wenn die Länge der Wendeltreppe dies vermuten ließ, so befand sie sich doch keineswegs am Fuß des Berges, sondern auf halber Höhe.

Die Vampirin schloß die Tür, die unerkennbar im Fels verschwand, und folgte dem Pfad hinunter. In sich spürte sie die ersten Regungen des Blutdurstes. War also auch dies erwacht.

Es war früh in der Nacht gewesen als sie den Abstieg begann, nun unten angelangt war die Morgendämmerung nicht mehr weit. Sethra zog die weite Kapuze ihres Umhangs über den Kopf. Bald würde das fahle Licht eines Wintertages ihre bleiche Haut behelligen. Doch hier unten im Schatten der Berge würde es nicht gefährlich sein. Sie setzte ihre Wanderung fort.

Mit jedem Schritt verstärkte sich ihr Blutdurst ein wenig, bis er ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. Nachmittags dann hörte sie den süßen Ton des Blutes zwei- und vierbeiniger Wesen. Vorsichtig schlich sie sich an die Quelle der Töne an.

Ein einfaches Bergbauernhaus mit einem Brunnen und einem Stall. Ziegen. Ein Bauer. Eine Bäurin. Ein halbwüchsiges Mädchen. Ein kleiner Junge.
Sethra beschloß, den Anbruch der Nacht abzuwarten.
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Cantar
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Beitrag von Cantar »

Die Straße. Eine Herausforderung für sich. Staubig und sich in die Unendlichkeit erstreckend - ohne Anfang, ohne Ende. Ein Leben lang kann man auf ihr laufen und doch nie ihr Ende sehen, denn die Straße ist ewig. Stumm liegt sie vor einem, begierig darauf wartend, von Füßen betreten zu werden und die Meilen zu zählen. Ein lebendes Wesen fürwahr: Alt, unsterblich, geduldig. Neugierig lauscht sie den Herzschlägen und Geschichten der Wanderer, die sie beschreiten, hört Nachrichten von fernen Orten. Nirgends ankommend und doch schon überall gewesen. Die Straße.

Doch an diesem Tag sollte sie eine Überraschung erleben, denn das Wesen, das ihre staubigen Pfade beschritt war nicht wie die anderen. Kaum mehr als ein Schatten seiner früheren Existenz stapfte Cantar durch das Zwielicht, den über zwei Meter großen Stab nicht so sehr als Stütze, sondern vielmehr als Indikator für den Takt seiner Schritte nutzend. Der Lich seufzte und die Luft, die auf bizarre Weise von den magischen Strömungen, die Cantars Gerippe durchdrangen und die Knochen zusammenhielten, in Bewegung gesetzt wurde, erzeugte einen unheimlichen Ton, als sie an seinem Kehlkopf vorbeirauschte und ihren Weg durch den hohlen Schädel nach draußen bahnte.

Es war eine frustrierende Reise. Die Meister des Zirkels hatten ihre Schüler ausgeschickt, den Kelch zu finden, doch Cantar argwöhnte, dass sie im Stillen hofften, ihre Schützlinge mochten auf der Suche sterben, vorzugsweise, nachdem sie den Meistern den Standort des Kelches mitgeteilt hatten, um ihn dann selbst an sich zu nehmen. Cantar hatte gehört, dass Meister Imoria oder Meister Xylon auf Nachtwinden zu reiten und so große Entfernungen in kürzester Zeit zurückzulegen vermochten. Zu dumm, dass er selbst sich nie für solcherlei Formen der Magie interessiert hatte, die für ihn nie mehr als Kunststückchen gewesen waren. Nunja, das war, bevor er diese beschwerliche Reise hatte antreten müssen.

Ärgerlich erinnerte sich Cantar daran, wie er versucht hatte, die Wüste zu verlassen und der Druck seiner Hände, die wie erstarrt um den Stab gekrallt waren, erhöhte sich unwillkürlich, genährt von dem Ingrimm des Liches. An die Oberfläche zurückgekehrt, hatte er sich sofort in Richtung Westghoul aufgemacht, um dort ein Schiff zu suchen, dass ihn nach Tantalien bringen sollte. Auf der Reise dorthin war es zu einem bedauerlichen Zwischenfall mit einigen Nomaden gekommen (bedauerlich vor allem für die Wüstenbewohner) und dann hatte man auch noch die Dreistigkeit besessen, ihn am Hafen zu bestehlen! Mehr als die Hälfte des Goldes, welches jedem Lehrling von den Meistern des Zirkeln zur Verfügung gestellt worden war, verschwand in der Menge und mit ihm der bösartige Dieb.

Cantars Stimmung war auf dem Tiefpunkt angelangt, als er schließlich einen horrenden Preis für eine Überfahrt nach Tantalien zahlen musste und die Reise dann auch noch mit einem seiner Mitstudenten, einem bösartigen Halbling namens Grezor, der sich für einen mächtigen Zwergenmagier hielt. Auch wenn Cantar ihn am liebsten bei der erstbietenden Gelegenheit erwürgt hätte, so musste er doch zugeben, dass der geschwätzige Kerl einiges magisches Talent verfügte und von einer genauso gerissenen Schläue und kompromisslosen Gier war wie er selbst. Das gefiel dem Lich, wenn auch wider Willen. Als das Schiff endlich in Wetar eintraf, trennten sich zu Cantars Erleichterung endlich ihre Wege und er machte sich auf in Richtung Kalanos.

Der Lich hatte gehört, dass Kalanos seit gut zwei Jahren die neue Hauptstadt Tantaliens war und so fand er es nur logisch, dort mit der Suche nach dem Kelch zu beginnen. Cantar hoffte, dass keiner seiner Widersacher auf die gleiche Idee gekommen war, denn er zweifelte nicht daran, dass sie versuchen würden, ihn zu beseitigen, sollten sich ihre Wege kreuzen. Der Lich gönnte sich ein selbstgefälliges Lächeln. Die Betonung lag auf "versuchen". In den unterirdischen Gewölben des Zirkels traute sich niemand der Studenten, die Hand gegen einen anderen zu erheben, aus Angst vor den Meistern, doch hier draußen, kurz davor, den sagenhaften Kelch des Bregor zu finden... Cantar seufzte erneut. Es war noch ein langer Weg und die Straße war endlos.
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Sethra Lavode
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Für eine Mundvoll Blut

Beitrag von Sethra Lavode »

Überlegungen: Das Blut der Ziegen würde genügen. Sethra ließ sich nicht von einem bloßen Bedürfnis vorschreiben, wen sie wann und warum tötete. Wenn sie tötete, gab es einen Grund. Einen guten Grund, vielleicht nicht dem Opfer einsichtig, aber ihr.

Überlegungen: Sie brauchte Informationen. Zweifelhaft, dass Bergbauern über die Geschicke des Landes informiert waren. Ihre Welt war klein und begrenzt. Zweifelhaft auch, dass sie eine fremde Wanderin ohne Gepäck oder Waffen bereitwillig zu sich einluden.

Mit Überlegungen vergeht die Zeit.

Der Winter mochte schon den Zenith seiner Herrschaft überschritten haben, doch noch waren seine Nächte lang und die Tage kurz. Sethra mußte nicht lange auf die Dämmerung warten. Kaum war es dunkel, verschwand auch der Schein von Kerzen und Lampen im Bauernhaus. Sparsamkeit war eine Notwendigkeit in diesem unwirtlichen Gebiet.

Sie bevorzugte Kühe, geduldige Wiederkäuer, die eine Blutspende so lammfromm über sich ergehen ließen, als wäre sie freiwillig.
Doch eine Wahl gab es hier nicht. Vorsichtig betrat Sethra den Stall und starrte geradewegs in das tückische Augenfunkeln eines schwarzen Bocks. Ein kurzer Kampf. Hornstöße, Gemecker, Huftritte, zwei kurze Bisse. Stimmen vom Haus her kommend. Sethra floh in die Nacht, geschützt durch die Tarnfarben ihre Umhangs.

Eine Mundvoll Blut war zu wenig gewesen, den Blutdurst zu stillen. Im Gegenteil. Der Blutdurst schien nun erst richtig erwacht.
Zuletzt geändert von Sethra Lavode am Mi 18.02.2004 - 21:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Cantar
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Beitrag von Cantar »

Stumpfsinnig einen Schritt vor den anderen setzend wankte der Lich dahin, seine eiskalten, tiefblauen Augen auf den Staub der Straße gerichtet und sich in Gedanken mit dem beschäftigend, was wohl noch auf ihn zukommen mochte. Eine weitere unangenehme Erinnerung drängte sich dem untoten Wanderer auf. Verärgert dachte er an die Überquerung des Großen Donners. Die Banditen, die auf dem Pass auf unvorsichtige Reisende gelauert hatten, waren nicht das Problem gewesen (wenn er sich von deren Dreistigkeit doch auch erheblich gestört gefühlt hatte), schließlich verloren Drohungen wie "Geld oder Leben" ihre Bedeutung, wenn der Angesprochene ein 1,80 Meter großes Skelett war, in dessen Augenhöhlen kaltes Feuer brannte. Nein, vielmehr hatte es Cantar zugesetzt, dass er auf dem Weg nach unten auf dem abschüssigen Pfad ins Rutschen gekommen war und die Hälfte der Strecke ziemlich schnell und ziemlich unbequem hinter sich gebracht hatte.

Als er schließlich in einer Wolke aus Schutt und Staub unten ankam, färbte er die Luft erst einmal mit einigen ausgewählten, an Deftigkeit kaum noch zu überbietenden Flüchen schwarz, bevor er sich aus dem Berg aus Schotter befreite und seinen nunmehr zerrissenen Mantel abklopfte. Cantar sah an sich herab, als ihm diese Erinnerung in den mentalen Hintern trat und seine Augen funkelten im Widerschein der selbstironischen Gefühle, die in ihm tobten. Sein Umhang hatte nun nicht mehr nur eine von einer geschickten Hand geführten Nadel nötig, nein, er sah nun wirklich so aus, als wäre er gerade dem Grab entstiegen und bot einen fürchterlichen, eine Gänsehaut verursachenden Anblick. Obwohl im der Gedanke, dass Kinder vor Schreck vor ihm wegliefen, grundsätzlich gefiel, befürchtete Cantar aber auch, dass ihm dieses Aussehen zum Nachteil gereichen würde. Nämlich spätestens dann, wenn die Bewohner einer Ortschaft den Dämon, der da des Weges kam, zu läutern versuchten...
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Sethra Lavode
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Begegnung

Beitrag von Sethra Lavode »

Sethra war nicht so alt geworden wie sie war, ohne zu lernen, Niederlagen wegzustecken. Es war klar, sie war aus der Übung. Kein Grund zur Verzweiflung, ein Grund vorsichtig zu agieren, die eigenen Fähigkeiten zu beobachten, einzuschätzen und zu verbessern.

Sie wanderte durch die Nacht fort von jenen verführerischen Tönen, die die Linderung ihres Durstes versprachen. Auf und ab ging es in dieser bergigen Region bis sie ein weiteres Tal erreichte. Dies war bewaldet und bewohnt. Sethra brauchte eine Weile um diese eigenartigen Bluttöne einzuordnen, dann kam ihr die Erinnerung: Zwerge. Einst hatte sie ihnen mit großer Mühe eingehämmert, wer die Herrin ihres Berges war. Seitdem mieden sie ihn.
Es war möglich, dass sich die Zwerge an sie erinnerten. Keine freundlichen Erinnerungen würden da geweckt werden. Kontakt mit Zwergen war wohl besser zu meiden.

Als der Morgen herankroch, bestieg sie eine mächtige Kiefer, um dort den Tag zu verbringen. Sie hatte noch keine Stunde dort oben verbracht, als sie ein Schaben aus ihren Gedanken riß. Am Stamm ihrer Kiefer scheuerte sich ein Schwarzbär. Sethra berechnete ihre Möglichkeiten: Gegen eine Ziege hatte sie sich nicht durchsetzen können, die Wahrscheinlichkeit es mit einem Bär aufzunehmen, war also gering.

Ein Fluch drang an ihr Ohr. Keine zehn Meter entfernt war ein Zwerg mit einer Axt aufgetaucht. Keine Kriegsaxt, eine Holzfälleraxt. Zwerg und Bär verharrten regungslos, beide waren überrascht über den Anblick des anderen. Der Bär fing sich als erster und griff an. Der Zwerg schlug zu, verfehlte aber den wendigen Bären, der seinen Widersacher einen mächtigen Prankenhieb versetzte. Der Zwerg verdankte es nur seiner Zähigkeit und dem ausgezeichneten Kettenhemd, das ihm nicht der Arm abgerissen wurde. Er taumelte unter der Wucht des Schlages, fing sich und grub die Axt in das schwarze Fell des Bären. Der geriet in Rage und umarmte den Zwerg um ihn zu erdrücken.

Aus der Wunde des Bären floß das Blut in Strömen und tirilierte jubilierend in Sethras Ohren. Ohne zu überlegen sprang sie aus der Kiefer hinter den Bären, packte sein Genick und brach es. Gut, das ging also noch. Sie schlug ihre Zähne in das Fell, in die Haut, in die Blutbahn und sog. Das Blut traf ihren Körper wie ein Regenguß die Wüste. Die Vampirin erblühte innerlich, erfüllt mit Leben und Befriedigung.
Sie beendete ihre Mahlzeit als sie die kalte Axtschneide des Zwergs in ihrem Nacken spürte.
Auch dieses haßte sie am Blutdurst: War er zu groß, schaltete er das rationale Denken aus und ließ sie blindlings reagieren.
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Cantar
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Beitrag von Cantar »

Die Straße zog sich endlos hin und eine Stunde monotones Wandern schloss sich an die andere an. Cantar allerdings störte der Umstand, dass seine Reise schon seit einer ganzen Weile ereignislos verlief, überhaupt nicht. Das dumpfe Pochen seines Stabes, der mit schöner Regelmäßigkeit auf den Boden geschmettert wurde, gab den Takt für die Füße an und die klackernden Knochen ließen fast so etwas wie Musik entstehen, während eine steife Brise, aus dem Osten kommend, den Lich umwehte, seinen Umhang durchdrang und pfeifend an seinen Knochen vorbeizischte. Derweil beschäftigte sich der Lich in Gedanken mit anderem. Sein, nach der Verwandlung unglaublich leistungsfähiger, Geist malte sich aus, wie es sein würde, wenn er seine knöchernen Hände um den sagenhaften Kelch schließen würde, während sich ein anderer Teil seines Bewusstseins mit der Frage beschäftigte, was er tun sollte, wenn er Kalanos erreicht haben würde. Nach seiner Erfahrung brauchte man vor allem Geld, wenn man Informationen erlangen wollte, daher schien es Cantar nur logisch, sich in die Dienste von jemanden zu stellen, der ihn angemessen bezahlen konnte. Nebenbei bedeutete mehr Geld natürlich auch die Gelegenheit, mehr Wissen zu erlangen und seine magischen Fähigkeiten zu steigern.
Cantar schreckte aus seinen Gedanken (welche sich von der Abwesenheit seines inzwischen wahrscheinlich wie Schmelzkäse zerlaufenden Hirns nicht stören ließen) auf, als seine Augen, die die ganze Zeit blicklos ins Leere gestarrt hatten, einem seltsamen Anblick gewahr wurden. Soweit der Lich es erkennen konnte, stand etwas abseits des Weges ein in einen dicken Umhang gehülltes Wesen über den Kadaver eines Bären gebeugt, während ein Zwerg seine Axt an den Nacken des anderen gelegt hatte und wie sein Scharfrichter wirkte.

Das sarkastische Wesen des Liches musste unwillkürlich grinsen, wenn dies am Ausdruck seines Schädels auch nicht auszumachen war, als er die Komik der Szene erkannte. Doch wurde er schlagartig wieder ernst, als der Zwerg Anstalten machte, den Kopf der Person vor ihm vom Rumpf zu trennen. Cantar mochte keine Zwerge, war es nun, weil diese eine natürliche Abneigung gegen alle Formen der Magie hatten, oder weil der verrückte Halbling Grezor ihn in seinem Verdacht bestärkt hatte, dass Zwerge entweder hirnlose Mörder oder halbtote Schnapsleichen waren. Jedenfalls dachte sich Cantar, dass die Person, die da bedroht wurde, ihm vielleicht einen Gefallen erweisen, oder zumindest eine kleine Belohnung würde springen lassen, wenn er sie aus dieser misslichen Lage befreite.
Deshalb näherte er sich dem komischen Paar so leise er es vermochte und zog auf dem Weg die Kapuze vom Kopf, die er sonst immer aufbehielt. Als er sich genau hinter dem Zwerg befand, welcher gerade mit der Axt ausholte und dabei irgendetwas Unverständliches brummte, streckte Cantar die freie Hand aus und klopfte ihm fast freundlich auf die Schulter. Wie auf Schienen bewegte sich der Zwerg und drehte sich erstaunt um, die Axt immer noch hoch erhoben. Sein Blick fiel auf einen grinsenden Totenschädel, der sich einen knappen halben Meter über ihm befand und in dessen Augenhöhlen kaltes Feuer brannte. Der Lich setzte seine ihm eigene Magie ein, um den Effekt noch zu verstärken und kurz darauf stolperte der Zwerg nach hinten, die Augen geschlossen und das Gesicht vor Entsetzen verzerrt...
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Sethra Lavode
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Beitrag von Sethra Lavode »

Jetzt war nicht die Zeit über ihren plötzlich aufgetauchten Helfer nachzudenken. Sethra entwand dem Zwergen die Axt, den eine Furchtattacke kurzzeitig lähmte. Sie würde nicht warten, bis er sich davon erholte. Also hakte sie ihren rechten Fuß von hinten um seine Beine und brachte ihn damit zu Fall. In Sekundenschnelle saß sie auf seinem Rücken und hielt nun ihrerseits die Holzfälleraxt in den starken Zwergennacken.
"Drf'sass krrt?" Weißt du, wer ich bin, fragte sie ihn in altem Zwergisch. Zwerge waren Traditionalisten, so viel Zeit konnte gar nicht vergehen, dass ihre Sprache oder ihre Gebräuche sich änderten.
"Krk zkatratt shrt!", grollte es unter ihr. Wir haben nicht vergessen. Gut, dachte sie bei sich, laut fuhr sie fort: "Ich bin deine Lebensretterin." Ein Schnauben.
Sie stand auf, warf die Axt fort. "Zweifache Lebensretterin", sagte sie nachdrücklich.
Der Zwerg erhob sich langsam, sah sie mit haßerfüllten Augen an, wandte sich ab, schritt zur Axt, hob sie auf und verschwand.

"Wir sollten gehen," wandte sich Sethra an den Knochenmann. "Er steht nun in meiner Blutschuld, aber das wird seinen Clan nicht abhalten, uns zu jagen." Mit diesen Worten, sie sprach noch immer zwergisch, unsicher welche Sprache sie benutzen sollte, schritt sie auf die Straße. Sie würde tagsüber reisen müssen, die Zwerge waren aufgescheucht und sicher bald auf ihrer Spur.
Nach kurzem Zögern folgte ihr der Knochige.

Nun hatte Sethra Zeit, über ihn nachzudenken. Seine Attacke zeigte, das er mehr war als ein bloßes Skelett. Skelette waren hirn- und willenlos, bloße Diener ihrer Herren. Dieses Exemplar schien intelligent zu sein.
Möglicherweise eine Informationsquelle. Doch galt es behutsam vorzugehen. Das er eingegriffen hatte, hieß noch nicht, dass er auf ihrer Seite war.
"Sethra Lavode", warf sie ihm hin. "Danke für die Hilfe."
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Cantar
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Beitrag von Cantar »

Cantar betrachtete seine neue Reisegefährtin genauer, während er den Takt ihrer Schritte aufnahm und sie gleichmütig nebeneinander her wanderten. Sie war von schlanker Statur und hatte sich einen Umhang aus grobem schwarzem Stoff um die schmalen Schultern geschlungen, der seinem eigenen nicht unähnlich war. Ihr Gesicht lag im Dunklen der Kapuze, die ihren Kopf bedeckte und auch während des gesamten Handgemenges mit dem dickköpfigen Zwerg nicht heruntergerutscht war. Auf den Gedanken, dass die Frau neben ihm sich damit nicht nur vor neugierigen Blicken, sondern auch das tödliche helle Sonnenlicht von ihrer empfindlichen Haut fern zu halten, kam er nicht.
Schließlich mahlte er mit seinem beeindruckend klingenden, fleisch- und muskellosen Kiefer und brummte mit tonloser Stimme ein einziges Wort: "Cantar" Nach kurzer Überlegung sah er sich aber dazu gezwungen ein "Das ist mein Name" hinzuzufügen, um zu verhindern, dass die Fremde möglicherweise dachte, dies wäre ein Ausdruck für "Gern geschehen".

Nachdenklich richtete der Lich seinen eisblauen, brennend kalten Blick wieder auf die Straße. Er war neugierig, mehr über seine neue, von unzähligen gewobenen Geheimnissen umgebende Reisegefährtin zu erfahren, doch wollte er nicht aufdringlich erscheinen und sein unerschütterlicher Gleichmut, der mit seinem utoten Wesen und dem Verzicht auf jedwede niedere Gefühle einher ging, verlangte derzeit nicht nach weiterer, sinnfreier Konversation. Zudem zeugte ihr Umgang mit dem aufdringlichen Zwerg, dessen Rasse nach Cantars beschränkten Erfahrungen für gewöhnlich äußerst stur und unnachgiebig war, davon, dass sie sich zu wehren wusste und noch immer konnte der Lich nicht ergründen, ob sie nicht vielleicht eine Bedrohung für ihn und seine Pläne darstellte. Cantar entschied sich, zu warten, bis seine Begleiterin von selbst anfing zu reden - als Lich bevorzugte er üblicherweise die Stille, dir nur von seinen eigenen, im knöchernen Schädel widerhallenden Gedanken unterbrochen wurde.
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Sethra Lavode
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Beitrag von Sethra Lavode »

Eine eigenartige Situation. Sethra hatte auf Cantars kurze Vorstellung mit einem "Ich stehe in eurer Schuld." geantwortet. Ihr knochiger Retter quittierte dies mit einem bejahenden Röcheln. Ihr war klar, dass er diese Schuld gewiß irgendwann einfordern würde. Seitdem schritten sie schweigend nebeneinander her. Anscheinend war es Cantar egal, wo er hinging.

In Sethras Kopf kreisten die Gedanken. Neben ihr ging jemand, der sie womöglich über die jetzigen Zustände Tantaliens aufklären konnte. Leider war es jemand, dem sie zutraute, jede Information sorgfältig zu sieben und ihr nur das zu sagen, was ihm vorteilhaft schien.

Sie zog es entschieden vor, unerkannt fremden Gesprächen zu lauschen und daraus ihre Schlüsse abzuleiten. Gelegenheit dazu gab es aber hier nicht. Sie hatten längst das nächste Tal erreicht, das unbesiedelt schien.
Das Schweigen hielt an. Sie schienen sich gegenseitig zu belauern, wer als erster das Schweigen brechen würde. Aber wäre derjenige zwangsläufig der Schwächere? Sethra hatte genug. Dieses Schweigen brachte sie nicht weiter.
"Ihr wollt also zur Küste?", eröffnete sie das Spiel.
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Beitrag von Cantar »

Als Cantar die vorsichtig formulierte Frage Sethras hörte, glitzerten seine eisblauen Augen vor Vergnügen. Die Frau schien einen Sinn für Geheimniskrämerei und Spionage zu haben, Spiele, mit denen sich nach des Liches Erfahrung die einem durch die Unsterblichkeit gegebene Zeit angemessen verbringen ließ. Sorgfältig wog Cantar seine Worte ab, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
"Ja", gab er schließlich zu, seine brennenden Augen suchten im Schatten der Kapuze seiner neuen Begleiterin nach einem Anzeichen, das ihm einen Vorteil verschaffen könnte, doch da war nichts. "Ich bin unterwegs nach Kalanos, um den Erzmagier Lagustan aufzuschen. Wie ich hörte, besitzt er eine der umfangreichsten Bibliotheken Tantaliens, obwohl das in einem solch bararbarischen Land nicht viel heißen mag. Und Ihr?", fragte der Lich listig. "Ihr seid doch nicht auf der Flucht vor den Clans der Zwergen, oder etwa doch? Habt Ihr ihnen vielleicht Ihr geliebtes Gold gestohlen? Oder nur einen Humpen Bier?" Es war nicht schwer, die Verachtung, die der Lich dem kleinen, zähen Volk entgegenbrachte, in seiner Stimme zu erkennen.
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Sethra Lavode
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Beitrag von Sethra Lavode »

Cantars Antwort fiel erstaunlich ausführlich aus. Sethra isolierte zwei Worte, Kalanos und Lagustan, heraus und legte sie für späteren Gebrauch in ihrem Geist ab. Kalanos war wohl eine Stadt und Lagustan war als Bibliothekar hochinteressant für sie.

"Es gab einen Interessenkonflikt zwischen mir und den Zwergen", antwortete Sethra knapp. Einzelheiten brauchte ihr Begleiter nicht zu wissen.

Kalanos schien ihr als Reiseziel geeignet zu sein. Nicht nur wegen der Bibliothek, vor allem wegen der Märkte und Tavernen in denen die Unbedachten schwatzten und schwatzten als gäbe es keine ungebeten Lauscher.

Vorsichtig formulierte sie weiter: "Ich befinde mich nicht auf der Flucht - allgemein betrachtet.", sie ließ ein kleines Lächeln aufblitzen, "Ich will meinen Horizont erweitern, der allzulange durch die umstehenden Berge begrenzt wurde."
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Beitrag von Cantar »

"Solch einen beschränkten Eindruck macht Ihr aber gar nicht auf mich", erwiderte Cantar amüsiert, um gleich darauf listig hinzuzufügen: "Ihr lebt also in den Bergen? Ist das nicht gefährlich für jemanden wie Euch?"
Die letzten Worte drückten unmissverständlich seinem Unglauben über die Tatsache, dass Sethra als Frau allein in den Bergen lebte, aus - egal, wie der Klang der Worte auch war, wenn Männer in Gegenwart von einer Frau Sachen wie "jemand wie Euch" sagen, meinen sie eigentlich: "Ihr als schwächliche Frau?" Selbst Cantars derzeitiger Zustand zwischen Leben und Tod hatte daran nicht viel geändert.

Während der Lich auf eine Antwort seiner neuen Reisegefährtin wartete, hob er den Blick, der zuvor auf den unebenen Weg zu seinen Füßen geklebt hatte, und sah sich prüfend um. Die Luft war äußerst frisch und klar und man konnte seinen Blick meilenweit ins Innere des Landes wandern lassen - wenn man sich an solcherlei Aussichten erfreute. Cantar tat dies jedenfalls nicht. Sein logisch aufgebauter, klar strukturierter Geist analysierte die Landschaft und berechnete automatisch die wahrscheinlichste Position des Kelches. Leider war die Prozentzahl unter dem Strich äußerst unbefriedigend und so gestand sich der Lich ein, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wo sich Bregors Grab und sein Kelch befanden. Vielleicht war die Idee mit Lagustans Bibliothek gar nicht so schlecht, wenn es auch zuerst als Lüge gedacht war.
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Beitrag von Sethra Lavode »

Sethra sah das Knochengestell erstaunt an. Warum sollte es in den Bergen für eine Vampirin gefährlicher als anderswo sein?
"Nein.", antwortete sie ebenso kurz wie trocken. Sie würde ihm nicht auf die Nase binden, dass es eine Zeit gab, in der sie die Gefährlichkeit der Berge verkörperte.

Sie standen vor dem Abstieg in das nächste Tal. Ihr knochiger Begleiter genoß die Aussicht in die Berge. Sie lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihr vorläufiges Ziel. "Seht dort hinten, der schwache blaue Streifen am Horizont ist das Meer. Noch zwei Täler und wir lassen die Berge hinter uns."

Die Nacht war fast hereingebrochen, was die beiden Untoten wenig kümmerte. Sethra war im Gegenteil erleichtert, konnte sie doch ihre Kapuze herunterlassen. Aus der Ferne klang Wolfsgeheul.
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Beitrag von Cantar »

Interessiert studierte Cantar im Licht des aufgehenden Mondes das Gesicht seiner Begleiterin. Es wirkte seltsam blass und irgendwie vermutete der Lich, dass dieser Eindruck nicht allein vom silbrigen Mondlicht herrührte. Das Geheul der Wölfe ignorierend - an ihm war sowieso nicht mehr viel Fleisch dran -, blickte Cantar in die, von Sethra benannte Richtung. Das Meer, ja. Schon wieder. Unwillkürlich drängten sich dem Lich wenig amüsante Erinnerungen an seine Fahrt von der Wüste in dei Berge ins Bewusstsein, doch sein untotes Dasein ermöglichte ihm eine erstaunliche mentale Disziplin, sodass er diese, an seiner Konzentration kratzenden Gedanken fürs Erste beiseite zu schieben vermochte.
Stattdessen beschäftigte er sich mit der Vorstellung, Lagustan, den Erzmagier aufzusuchen - was zuerst als Lüge für seine neue Gefährtin gedacht war, übte nun einen beinahe unwiderstehlichen Reiz auf ihn aus. Vielleicht konnte er dort, bei einem der wenigen Meister der Magie, die nicht in den Türmen von Derlag wohnten, tatsächlich einen Hinweis auf den mächtigen Kelch finden, auf dessen Spur er sich befand.

"Sagt", versuchte Cantar nach einer Weile der Stille erneut ein Gespräch zu beginnen. "Kennt Ihr Euch in diesen Landen aus? Ich war noch nie in Tantalien und wäre erfreut, wenn Ihr mir vielleicht einen kleinen Überblick über den Kontinent verschaffen könntet. Außer Wetar, dieser überdimensionierten Hafenspelunke, in der ich von Bord gegangen bin, und Kalanos, der Hauptstadt, kenne ich keine Orte der Berge."
Das Totenschädel-Grinsen des Liches wurde im Schatten seiner Kapuze noch ein wenig breiter, während er den Stock in unverändertem Takt schwingen und seine klapprigen Beine einen Schritt nach dem anderen machen ließ. Cantar wollte gleichermaßen versuchen herauszufinden, inwieweit Sethra sich in Tantalien auskannte, als auch mehr darüber zu erfahren, denn trotz seines intensiven Kartenstudiums während seiner langen Seereise war ihm doch noch vieles unbekannt.
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Sethra Lavode
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Beitrag von Sethra Lavode »

Sethra saß in der Zwickmühle. Zwar hatte ihr Cantars Frage zwei weitere wertvolle Hinweise geliefert - Kalanos war also die Hauptstadt und Wetar eine Hafenstadt - aber gleichzeitig wollte er nun Informationen, die sie ihm nicht geben konnte. Sie überlegte einen Moment, die Karten auf den Tisch zu legen.
Erst aber würde sie versuchen, Cantar mit Geographie abzuspeisen, die doch so viel beständiger war als die flüchtigen Reiche der Menschen und Elfen.
"Diese Bergkette erstreckt sich bis zur östlichen Küste Tantaliens. Sie werden im Osten von einer großen Meeresbucht durchbrochen.
Vor uns im Süden erstreckt sich ein großer Wald, südöstlich findet ihr weite Ebenen, die schließlich in einem Sumpfgebiet enden.
Hinter uns im Norden gibt es kleinere Wälder und Ebenen."

Sie zuckte mit den Schultern "Ein wenig aufregender Kontinent fürchte ich, keine Wüsten, keine Vulkane, keine Seenplatten."
Sethra hoffte nur, dass dem wirklich noch so war und ihr nicht irgendeine Naturkatastrophe dazwischen gekommen war. Die Berge hatte zumindest nichts erschüttert.

Sie legte ihren Kopf zur Seite. Das Wolfsgeheul kam näher. Es war kein strenger Winter und die Wölfe sollten noch genügend Nahrung finden. Trotzdem war sie beunruhigt. Sie nutzte ihren nur notdürftig gestillten Blutdurst um auf das Blut der Wölfe zu lauschen. Ja, sie kamen definitiv in diese Richtung und obzwar es lange her war, dass sie einen Wolf ausgesogen hatte, kamen ihr diese Bluttöne nicht ganz wölfisch vor.
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Fansal
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Beitrag von Fansal »

Spielleiter

Das Rudel war unruhig. Erwin spürte die Anspannung seiner Kameraden und konnte sie nur zu gut verstehen. Auch seine empfindliche Nase hatte den Vampir gerochen und die Wut gärte in seinem Magen, während er mit weiten Sätzen über die hügelige Landschaft fegte. In den letzten Wochen hatten sie nur Zwerge reißen können - zähes Fleisch, verpackt in eine zentimeterdicke Stahlhaut. Ein Stück vom Letzten hing Erwin immer noch zwischen den Zähnen. Doch nun bot sich eine einmalige Gelegenheit. Einer der ihnen verhassten Vampire befand sich im Jagdrevier der Werwölfe und die melonengroßen Muskeln der abnormalen Kreaturen zuckten voller Vorfreude unter der fellbespannten Haut.

Die Verwandlung zum Werwolf schaltete den Großteil des gesunden Menschenverstandes aus und ersetzte ihn mit einem unwiderstehlichen Drang zu töten und Blut zu vergießen, doch Erwin war schon länger Werwolf als irgendein anderer des Rudels. Wenn ihn auch die Gier nach frischem Fleisch und die Möglichkeit, einen Vampir zu zerfetzen, fast übermannte, war er doch ein wenig über den seltsam abstoßenden Geruch verunsichert, der den Vampir umgab. Es stank nach einem modrigen Grab und die Ohren des Werwolfs zuckten, als er sich fragte, was wohl auf sie warten mochte.

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Cantar
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Beitrag von Cantar »

Interessiert bemerkte Cantar, dass seine Gefährtin die Städte von Menschen und anderen Rassen mit keiner Silbe erwähnt hatte. Er speicherte diese Information in seinem fein säuberlich geordneten Geist und beschloss, nicht weiter in sie einzudringen. Daneben waren auch schon die geographischen Informationen, die Sethra ihm liefern konnte, höchst interessant. Sein kühler Verstand analysierte das Gesagte und berechnete eher unterbewusst den wahrscheinlichsten Standort von Bregors Kelch. Vermutlich lag das Versteck im Gebirge, in einem versiegelten Grabmal...trotzdem, es war unmöglich, den genauen Standort vorherzusagen. Er kam wohl um einen Besuch in Kalanos nicht herum. Wenn er dort nichts fand, wollte er es in Derlag, bei den Türmen der Erzmagier versuchen.

Auch der Lich nahm das Wolfsgeheul nun bewusst war. Es schien näher zu kommen und soweit Cantar das beurteilen konnte, stammte es aus mindestens einem halben Dutzend wölfischer Kehlen. Hätte er mehr als einige Hautfetzen besessen, er hätte nun die Stirn gerunzelt. Seit wann gingen Wölfe so zielstrebig vor? Und warum griffen sie zwei humanoide Reisende an? Das ergab doch keinen Sinn. In der zunehmenden Dunkelheit konnte der Lich kaum die Hand vor Augen sehen, deshalb war es ihm nur möglich, sich anhand des Geheuls zu orientieren. Sich auf das Schlimmste vorbereitend fragte er Sethra, wobei er sein Erstaunen in der Stimme kaum zu verbergen vermochte: "Sind die Wölfe in diesem Land immer so aggressiv? Es scheint mir, dass sie uns angreifen wollen?!"
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Sethra Lavode
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Beitrag von Sethra Lavode »

"Die Wölfe nicht, aber die Werwölfe." antwortete Sethra grimmig. Sie hatte inzwischen erkannt, was so seltsam an den Bluttönen war.

Rasch besah sie die Umgebung. Ihr Standort war gut. Sie befanden sich auf einem Sattel zwischen zwei Tälern. Die Werwölfe mußten also den Abhang hochhetzen, während sie sie erwarten konnten. Es war kein großer Vorteil aber besser als nichts. Sie legte ihren Umhang ab, Beweglichkeit war nun wichtiger als Verhüllung.

Einige Minuten war es schon ruhig und so würde es auch bleiben. Den entscheidenden Teil der Jagd bestritt die Meute immer in Stille.
Aufmerksam sah Sethra den Abhang hinunter. Bald entdeckte sie den rötlichen Schimmer der Werwolfsaugen. Sie waren da.
Langsam schlichen sie näher, vorne weg ihr Anführer. Es war an ihm, den ersten Angriff zu starten, die Meute würde noch abwarten.

Sethra beschloß die Sache zu beschleunigen. Sie faßte, was sie vom Anführer erkennen konnte fest ins Auge und befahl: "Bei Fuß!"
Sofort setzte sich dieser vor Wut aufheulend in Bewegung. Werwölfe waren einfach zu berechenbar.
Die Vampirin ging in die Knie und spreizte die Krallen. In wenigen Sprüngen war das Vieh über ihr oder zumindest da, wo sie eben noch war, denn sie hatte sich schnell seitwärts weggerollt. Der Werwolf überschlug sich fast als er auf dem Boden aufkam, mit solcher Wucht war er abgesprungen. Noch mehr gereizt als eh schon wandte er sich wieder Sethra zu, die ihn schon erwartete. Ein neuer Sprung und diesmal rollte sie ihm entgegen, so dass sie unter seinem Bauch war, als er noch im Sprung begriffen war und zog ihre Krallen durch das weiche Bauchfell. Blut und Geheul waren die Belohnung. Der Werwolf war nun irrsinnig vor Wut und sprang erneut ohne seinen Sprung noch großartig zu koordinieren. Es war Sethra ein leichtes auszuweichen und sofort hinterherzuspringen. Sie landete auf ihm und packte ihm in Nacken.

Möglicherweise zu früh, denn das Biest verfügte über eine unbändige Kraft. Die beiden wälzten auf dem Boden hin und her. Gelenkt von ihrem Blutdurst fand Sethra untrüglich die Halsschlagader und öffnete sie. Eine Fontäne sprudelte heraus und begoß die beiden ineinander verkrallten Gegner. Immer noch wälzten sie sich, immer noch versuchte der Werwolf sie zwischen die Zähne zu bekommen, immer noch versuchte sie sein Genick zu brechen. Es dauerte erstaunlich lange bis der stetige und immense Blutverlust die Bestie endlich schwächte. Als es ihr schließlich gelang, ihm den Nacken mit einem befriedigenden Knacken umzudrehen, fand sie sich der Meute erheblich näher als ihr lieb sein konnte. Die Wälzerei hatte sie den halben Abhang heruntergerollt.
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