[Nachdenkliches] Zeichen der Zeit...

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[Nachdenkliches] Zeichen der Zeit...

Beitrag von Karyptis »

Dunkler Tag. Viel zu dunkel für diese Jahreszeit, wobei die Frage gestellt sei, was in dieser Einöde noch eine Jahreszeit ist. Tiefster Winter oder doch nur Herbst, das vermag nichts und niemand herauszufinden, denn seit langem ist hier schon kein Leben mehr gewesen - zumindest gibt es weiter unten, im Tal, überall Zeugnisse davon, das einst welches herrschte: Hier und dort liegen zerbrochene Krüge und Teller, alte Ruinen kleinerer Hütten, Fetzen alter Bücher, zerstörte Tische und andere Zeugen einer einstigen Kultur. Wenigstens die Wiesen blühen und die Natur scheint, was immer einst hier geschah, wenigstens das Schlimmste langsam wieder zu regenerieren.
Hier auf den Bergen, kahler Fels und stetig kalter Wind, ist nur selten ein Häufchen grünes Leben zu finden, der letzte Grashalm ist schon lange hinabgefallen und ein Tal gibt es schon lange nicht mehr, seitdem der Vulkan die letzten Verzierungen vorgenommen und der Wind die letzten Schliffe gegeben hat. Hier und dort findet man merkwürdig viel Staub und Sand, der durch einzelne, stärkere Winde aufgenommen, getragen und verstreut wird, gleich so als gäbe es ihn nur für wenige Augenblicke und zerfällt wie die Zeit es schon von jeher vormacht. Der Himmel selbst leuchtet tiefrot, während einzelne grau-schwarze Wolken dahinziehen und das Land mit Dunkelheit beschenken, mehr noch als es ohnehin schon der Fall ist: Die Sonne selbst ist ein orangener, untergehener Ball am Horizont.
Auf einen dieser Hügel innerhalb der bergigen, trostlosen Landschaft, steht eine vermummte Gestalt. Seine Augen scheinen durch das schwarze Leder, das sein Gesicht ziert und die Zeichen der Zeit bereits trägt. Zwischen den feinen, schwarzen, ledernen Falten finden sich einige Sandkörner, die Linien bilden, als wären sie Narben der Zeit. Das Band verschwindet an seinen Wangen am Hinterkopf vorbei zu einer Lederkapuze die den Kopf bedeckt und zum schwarzen Umhang gehört, der lange hinabgleitet und fast den Boden berührt, seine große Gestalt unterstreichend und im Winde flatternd. Seine gleichfarbenen Stiefel weisen tiefe Kratzer auf, sowie die typischen Verfärbungen einer langen Wanderung. Die dunkle Hose greift bis hoch und verschwindet unter einem langen, schwarzen Kettenhemd, welches dennoch die hellen Blitze reflektierend, die weit am Horizont den herannahenden Sturm ankündigten - während die Vorboten, jene Winde die über nackten Stein peitschen, pfeifen und gar ferne Schreie an das Ohr eines jeden Wanderers tragen. So wie an jene dieses einen dunklen Menschen.
Er steht. Steht dort und sagt nichts. Der Blick seiner dunkelblauen Augen zeigt gen Norden, wohin er schon seit langem möchte. Sein ganzes Leben erscheint ihm bisher ein einziger Traum und wie lange er schon wandert, das weiß er nicht, fühlt es nicht. Seine ganze Kleidung zeugt von jahrelanger Wanderung, seine Haut von vielen Kämpfen und Rissen. Nun steht er da, einsam in Wind, getragen höchstens durch den Wunsch, weiter zu ziehen, wohin auch immer.
Rechts und links peitschen die Winde, die Blitze nähern sich. Auf dem Plateau eines der höchsten Berge steht er unberirrt und denkt an das was war, denn es will sich ihm nicht entschlüsseln: Woher kommt er nur? Wohin geht er? Wieso fehlt ihm jegliche Erinnerung, wieso schenkt ihm sein eigener Geist ein mystisches Etwas, ein Enigma, das sich ihm nur schemenhaft hinter schattenhaften Tüchern zeigt. Ein dumpfer Schrei in der Ferne folgt, den Blick lockend, den Kopf drehend. Er sieht sich um. Nichts.

Als er den Kopf zurückdreht, müsste er erschrecken. Vor ihm steht ein Mann, etwa gleich groß. Seine dunkelblauen Augen spiegeln das Antlitz des Beobachters wider, der lange Mantel schwebt entgegen des Windes zur anderen Seite. Die langen dunklen Haare, die an der Kapuze und dem gleichen, ledernen Tuch heraushängen, schweben ebenfalls gegen den Wind. Dies hätte ihn beunruhigen dürfen. Vielleicht auch die Tatsache, dass jenes Wesen die gleiche Kleidung trägt, oder ebenfalls reglos, keine fünf Schritte vor ihm steht. Doch erstes, kaltes Blut fließt durch seine Adern, als das Herz schneller schlägt, er die Augen des Mannes vor ihm genau betrachtet: Sie blinzeln nicht. Keine Regung, kein Abweichen. Immer starr der Blick. Was will er?

Der Wanderer, noch in ruhiger Angst gefasst, hebt die rechte Hand, wenigstens um zu zeigen, dass er hier oben, inmitten kalter Zeiten kein Blut vergeuden will. Das Wesen vor ihm macht jedoch keine Anstalten, sich zu bewegen. Vielmehr noch, Stille ist es, die seine Konturen schnürt und bindet, als wäre sein Gegenüber hineingeschnitten, nicht Bestandteil des Sandes, welcher durch ihn hindurch zu fallen scheint. Was geht hier vor?

Langsam zieht er seine Hand wieder zurück und beschließt, wenigstens ein paar Schritte zurückzugehen, um Abstand zu gewinnen, körperlich als auch seelisch, sollte es wirklich zum Kampf kommen. Langsam bewegt er sich nach hinten, sieht dabei nach hinten, als er fast über einen Hast gestolpert ist. Knirschend einzelne Steinchen unter seinen Stiefeln, fast schon irreal scharfe Töne schenkend. Er verfällt in Gedanken: Woher kommt er, wohin geht er... Wieso stellen sich ihm immer die gleichen, unbeantworteten Fragen...
Einige Schritte später hebt er seinen Kopf und bemerkt, dass sein Gegenüber ebenfalls Abstand genommen hat. Ist dies ein deutliches Zeichen dafür, was die Absichten des anderen anbelangt? Ein Griff der Hand zum Gürtel offenbart einen Schreck: Ein Schwert, das er gar nicht kennt, zeichnet seine Konturen unter dem Mantel und scheint merkwürdig zu funkeln. Überdies scheint dies das andere Wesen gleiches bemerkt zu haben, denn auch sein Gesicht zeugte gerade von Überraschung, obgleich er dabei tief in die Augen seines Gegenübers sah.

Ohne darüber nachzudenken und mehr in Angst, geht er ein weitere Schritte zurück, den anderen nicht aus den Augen lassend, der ihm gleich handelt.
Er greift wieder zum Schwert und behält die Hand an jener Stelle.Der andere folgt seinen Bewegungen.
Er denkt nach, sieht erschrocken hoch. Der Blick wird erwidert.
Langsam ziehen die Hände das Schwert, mit beiden Händen festhaltend, als ob er schon viele Erfahrungen damit hat. Wieder etwas, was er nicht versteht, aber in ihm arbeitet, weitere Gedanken spinnt: Woher weiß er um die Erfahrung, ein Schwert zu führen? Seine Angst scheint grenzenlos, sein Mut aber ungebrochen und der Wille, dem anderen Stärke zu zeigen, ist unabdingbar, seitdem er zur Klinge griff. Er sieht nach oben und versucht, diese Kraft über seinen Blick zum Ausdruck zu bringen.
Der andere schaut grimmig und wütend drein, selbst das Schwert haltend, bereit für den Angriff. Einzelne Winde fegen dahin und wehen das lange schwarze Haar nun an seine Augen vorbei. Der Schwarze Wanderer selbst bekommt es mit der Angst zu tun.

Er erkennt die Situation als er zurückblickt: Jenes Wesen vor ihm wiederholt jegliche Bewegung, jeglichen Schritt. Wieso denn nur und mit welcher Präzision ist seine Beobachtungsgabe gesegnet, wenn es seine Bewegungen so früh erahnt? Aber wenn dem so ist, so müsste er auch seinen Blick standhalten, die gleichen Züge behalten, das spürt er. Doch das merkwürdige Wesen vor ihm sieht mehr ängstlich drein, als wäre es nicht sein Kampf, nicht überzeugt von dem, was er sich erwünscht.

Mutig geht der schwarze Wanderer ein paar Schritte vor, bereit zum Angriff. Nicht um zu töten, aber um zumindest zu vertreiben. Oder vielleicht doch mehr? Manchmal, so denkt er, muss man Opfer bringen, wenn es um die Durchsetzung eines Gedankens geht. Zwar wundert er sich über derlei Gedanken, doch erscheint er ihm merkwürdig vertraut. Als wäre er schon Jahre zuvor mit diesem Wissen gesegnet worden, fast schon verflucht, es immer wieder durchzusetzen. Obgleich... "verflucht"? Das dürfte das falsche Wort sein, denn schlussendlich zählt das Opfer, die Durchsetzung und dafür ist das Mittel der Klinge legitim.

Zeitgleich beginnt er seine Schritte und steht nun vor ihm. Die letzten Worte und Gedanken im Kopf und der festen Überzeugung beschenk, er müsse jetzt das Glück bringen, setzt er zum Hieb an.

Ein starker Schlag, ein schwaches Leuchten.

Beide werden zurückgeworfen. Ein Blitzen folgt noch, dann ein Schnitt, als würde jemand ein Tuch zerreißen, während der Wind urplötzlich an Intensität gewinnt. Mit letzter Kraft und den Ernst der Lage begreifend, steht er auf. Der Wind pfeift, von Ruhe keine Spur, allenfalls jedoch vom Sand, der nun deutlich intensiver, dichter wirkt. Beide gehen aufeinander zu, die Schwerter vor ihnen, rechtwinklig am Boden liegend. Lange Zeit starren sich beide Wesen an, während um sie herum ein starker Wind den Sand ferner Länder trägt. Von Ruhe kann man schon lange nicht mehr sprechen. Allenfalls von einem starken Sturm.

Der Wanderer möchte hinab, nach dem Schwert greifen, da dreht sich der andere um. Er geht langsam fort und scheint das Plateau zu verlassen. Lange Zeit folgt Ruhe und der ungläubige Blick ruht noch auf jener Stelle, an der vorher noch das Wesen stand. Der Sand fällt, der Wind tobt stärker und als dichte Wände purer Körner die Sicht erschweren, entschließt sich der schwarze Wanderer wenigstens sein Schwert zu erheben und weiter zu gehen. Es wird Zeit, nach Hause zu gehen. Wo immer das sein mag. Doch fühlt er keine Herkunft, allenfalls Leere, die er schon die ganze Zeit über ahnte.

Nach einem ewig langen Hinabgleiten folgt ein Griff zum Schwert. Doch wo einst eine Klinge lag, ist nun nichts. Verärgert steht er auf: Wie hat er das gemacht? Er hat sich nicht gebeugt, hat sich nicht nach unten bewegt und besitzt nun beide Klingen? Was sollte das?
Ärgerlich beschließt er, dem geheimnisvollen Fremden zu folgen und will zum ersten Schritt ansetzen...
... doch kommt er nicht weiter.
Er kommt nicht an jene Schwelle vorbei, wo vorhin noch beide Schwerter schlagen. Gleich einer unsichtbaren Glaswand scheint etwas seine Bewegungen nicht zuzulassen. Je stärker er sich dagegenstemmt, desto stärker scheint der Gegendruck. Nach einigen Schritten Anlauf probiert er, wenigstens hindurchspringen zu können. Was immer es ist, was ihn aufhält. Doch er wird zurückgeworfen und findet letztendlich fast nur die Bewusstlosigkeit.

Als er wieder aufsteht, möchte er ein paar Schritte gehen, möchte wenigstens zurück. Er hat die Glaswand vergessen, die ihn aufhält. Er hat auch die Schwerter vergessen, den geheimnisvollen Fremden. Der Sandsturm ist nun sein einziges Problem, denn die Dichte nimmt weiter zu. Die Augen schützend geht er ein paar Schritte zurück. Doch etwas hält ihn wieder etwas auf. Seine Augen tränen, findet keine Ruhe. Seine Füße sind nun fast komplett im Sand und durch die zurückprallenden Staubkörner kann er entdecken, wo sich überall seine unsichtbaren Grenzen erstrecken. Er bekommt Angst: Er kann gerade noch seine Arme spannen um festzustellen, dass er ganz eingesperrt ist. Mit Panik in den Augen möchte er seine Füße hochziehen, um wenigstens nach oben hin einen Ausweg zu finden. Doch mittlerweile steckt er bis zu den Oberschenkeln fest und kann sich kaum bewegen. Angst steigt weiter auf und möchte weiterhin ausbrechen, doch findet sie keine Möglichkeit und jegliche Träne wird vom Sand getrocknet. Die Augen kann der Wanderer gerade noch öffnen. Doch zeigen sie am Ende keine Furcht... vielmehr Erkenntnis. In seiner letzten Stunde, als sein Herz den letzten Schlag vollführt, wird ihm die Antwort auf all seine Fragen deutlich. Und im Zuge des aufsteigenden Nebels um seine Seele, welcher ihn langsam zurück zur Ewigkeit trägt, hallen jene Worte im Geiste wider...

Die Zeiten des Kampfes sind vorbei und wenn das letzte Körnchen Sand hinabgefallen ist, wird auch die letzte Einöde vom Schwerte befreit sein...
... bis irgendwer irgendwann kommt und das dünne Glas des Friedens wieder zerstört und erneut freisetzt, was einst verschlossen. Bis zur Erkenntnis um diesen Kreis ist eine jede Seele verflucht, den Weg weiter zu gehen, bis sie einst die Antworten erlangt, die sie sucht, bevor der Körper erneut stirbt und das Wissen um diese Erkenntnis weiterleitet, auf dass alles endlich seine Ruhe findet und das Land nicht mehr unter dem Fluch leidet, den einst ein mächtiges Wesen ausgesprochen hat...



Weit, weit entfernt auf einem einsamen Plateau steht ein Wanderer, wandert aber seit Tagen. Es ist ein dunkler Tag. Viel zu dunkel für diese Jahreszeit, wobei die Frage gestellt sei, was in dieser Einöde noch eine Jahreszeit ist....
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Beitrag von Sildariel »

Die Geschichte ist zu lang, als dass es jemand im Internet ganz und gründlich durchlesen würde. Ich habe es auch nur deshalb gelesen, weil ich mich unfreiwillig fesseln habe lassen und außerdem nicht wollte, dass eine Geschichte mit so vielversprechendem Anfang ohne Feedback stehenbleibt (deshalb habe ich weitergelesen).

Die Geschichte gefällt mir sehr gut! Ich finde die Handlung ziemlich gut, viel spannender als irgendeine andere actionüberladene Geschichte.
Die Sprache gefällt mir auch gut, teilweise sogar sehr gut. Ein paar Dinge, die mir sprachlich/inhaltlich nicht so gefallen haben:
Dies hätte ihn beunruhigen dürfen.
Tempusfehler - die einzige Stelle, in der Vergangenheit verwendet wird. Ach ja, das Praesens passt wunderbar zur Handlung.
z.b. "irreal scharfe Töne"
Der Ausdruck ist nicht gut. Das ist etwa, als würdest du dem Leser sagen, dass er sich die Geschehnisse sowieso nicht vorstellen kann. (Ich sterbe immer halb, wenn ich wieder mal irgendwo lese: "Mit unwahrscheinlich großer Kraft ...")
(...), das sein Gesicht ziert und die Zeichen der Zeit bereits trägt.
Wenn man an dieser Stelle das liest, erwartet man, dass sich dieser Ausdruck (der ja der Titel ist) wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen wird, was nicht der Fall ist.
Nach einem ewig langen Hinabgleiten folgt ein Griff zum Schwert.
Anstatt "ein Griff zum Schwert folgt" vielleicht etwas wie "eine Hand greift zum Schwert". Ich finde, der Satz hört sich sonst seltsam an. Auch das "nach einem ewig langen Hinabgleiten" würde ich lieber als Nebensatz (natürlich vielleicht mit anderen Wörtern) sehen.
Ein starker Schlag, ein schwaches Leuchten.

Meistens passen die eliptischen Sätze ja recht gut zur Stimmung, aber dieser eine macht sie - finde ich - zunichte. Auch wenn du von Grund auf verkürzte Sätze lieber magst, solltest du im Höhepunkt einer Geschichte (was die Handlungsdichte betrifft) doch eher auf ganze Sätze zurückgreifen.

Naja, das ist eigentlich alles, was ich dazu sagen will. Ich will nur noch anmerken, dass mir der Text sehr gut gefallen hat. Aber normalerweise lese ich solche langen Texte im I-net nicht durch und damit bin ich wahrscheinlich nicht alleine. (Das Dumme an dieser Geschichte ist, dass man sie nicht mehr versteht, wenn man 'versehentlich' ein paar Absätze überspringt.)

Sildariel
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Beitrag von Karyptis »

Mahlzeit,

dank dir für deine Kritik. Ich stimme dir auch einigen Punkten zu (einige Fehler sind mehr als offensichtlich - Asche über mein Haupt). Das einzige, was ich dezent anmerken möchte:
Die Geschichte ist zu lang, als dass es jemand im Internet ganz und gründlich durchlesen würde
Aus Erfahrung will ich dazu "jein" antworten: Wir sind alle "Opfer" unserer Augen und es ist nunmal nachweislich mehr als ermüdend, sich solch langen Beiträge direkt am Monitor durchzulesen - es sei denn, es handelt sich hierbei um einen guten Bildschirm. Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit, jene Texte zu drucken, was, so gebe ich zu, in diesem Fall sogar noch eher Sinn macht.

z.b. "irreal scharfe Töne"
Der Ausdruck ist nicht gut. Das ist etwa, als würdest du dem Leser sagen, dass er sich die Geschehnisse sowieso nicht vorstellen kann. (Ich sterbe immer halb, wenn ich wieder mal irgendwo lese: "Mit unwahrscheinlich großer Kraft ...")
Grundsätzlich will ich ihm auch genau das deutlich machen. Innerhalb so mancher Wortgrenzen zwischen dem Alpha und dem Omega einer jeden Geschichte, befindet sich die geschriebene Tatsache, dass nichts veränderbar ist - außer in den Gedanken des Lesenden, der schließlich enttäuscht, oder vielleicht auch glücklich/ erleichtert, darüber ist, dass alles doch eine nicht, oder gar erwartete, Wendung einnimmt. Die "irreal scharfen Töne" sollen in diesem Kontext die Undefinierbarkeit erklären, die für jeden Menschen anders lauten kann, je nachdem, wie weit man innerhalb seiner Seelenlandschaft wandert und bereit war/ ist/ sein wird, sich neuen Erfahrungen zu öffnen. Möchte ich aber einer eventuellen Fehlinterpretation einen Riegel vorschieben, gebe ich dem Leser keine Möglichkeit, es sich auszudenken. Das kann man daher so oder so sehen - eine Frage der Sichtweise :)
das sein Gesicht ziert und die Zeichen der Zeit bereits trägt
... oder der Gute vorzeitig gealtert ist. Auch wieder eine Frage der Subjektivität. Man könnte im Sinne einer wasserdichten "Tapezierung" des Gedankenkonstruktes sicherlich dafür sorgen, dass Missverständnisse erst gar nicht auftreten, doch habe ich mir darüber, um ehrlich zu sein, schon deshalb keine größeren Gedanken gemacht, da ich auch nicht alles umschreiben will, wenn ich mich doch mal im Schreibrausch befinde. Vielleicht wäre mir dies sogar beim Überarbeiten aufgefallen - wenn ich denn überhaupt dahingehend die nötige Sensibilität an den Tag legen könnte und auch wollte. Wieder eben eine Frage der persönlichen Meinung :)
Meistens passen die eliptischen Sätze ja recht gut zur Stimmung, aber dieser eine macht sie - finde ich - zunichte. Auch wenn du von Grund auf verkürzte Sätze lieber magst, solltest du im Höhepunkt einer Geschichte (was die Handlungsdichte betrifft) doch eher auf ganze Sätze zurückgreifen.
Das Abgehackte verstärkt oft den Eindruck von Geschwindigkeit und abrupten Handlungen, und kann im wesentlichen dazu führen, dass vorhandene Spannung noch weiter erhöht wird. Vielleicht sollte ich aber in Zukunft darauf achten, den Höhepunkt geschwungener zu gestalten, anstatt ihn durch allzu konzentrierte Spitzen zu verstreuen. Dank dir für den Hinweis :)

Das soweit zur Kritik der Kritik. Ich bin glücklich, dass dir der Text soweit gefiel, auch wenn da, zugegebenermaßen, die einen oder anderen Lücken vorhanden sind (Fehler in der Grammatik, Sinn-Fehler usw.). Das stimmt irgendwo ziemlich glücklich :)

Viele Grüße

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Beitrag von Sildariel »

Hi!
Noch einmal zu dem Punkt 'Spannung/Höhepunkt und Erzähltempo': Meiner (natürlich subjektiven) Meinung nach bewirkt die Erzählung in kurzen, abgehackten Sätzen oft eine atemlose Spannung oder besser: unterstützt diese. Aber die Szene, die du beschrieben hast, war (meiner Meinung nach) nicht atemlos spannend, sondern ich glaube, sie sollte irgendwie gewaltig wirken, energisch und zum absoluten Höhepunkt hinaufweisend (um dann sich dann plötzlich im Kontrast dazu zu entspannen).

Als Beispiel habe ich vor kurzem erst den Höhepunkt einer Geschichte gelesen, der so etwas wie den Kontrast zu deiner Version darstellt, und zwar im Buch "Der Zauberberg" von Thomas Mann die letzten fünf Seiten ungefähr (der Rest ist absolut langweilig!). Wenn du in der Nähe eine Bibliothek hast oder in einer Bücherei mal kurz ein paar Seiten lesen kannst ohne gleich das Buch kaufen zu müssen, würde ich dir die Stelle mal empfehlen - als Beispiel, dass es auch so geht.

Sildariel :winken:
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Beitrag von Karyptis »

Noch einmal zu dem Punkt 'Spannung/Höhepunkt und Erzähltempo': Meiner (natürlich subjektiven) Meinung nach bewirkt die Erzählung in kurzen, abgehackten Sätzen oft eine atemlose Spannung oder besser: unterstützt diese. Aber die Szene, die du beschrieben hast, war (meiner Meinung nach) nicht atemlos spannend, sondern ich glaube, sie sollte irgendwie gewaltig wirken, energisch und zum absoluten Höhepunkt hinaufweisend (um dann sich dann plötzlich im Kontrast dazu zu entspannen).
Mahlzeit,

bezüglich diesen Punktes gebe ich dir Recht. Ich habe mir den Text nochmals genau durchgelesen und festsgestellt, dass ein gewaltiges Auftreten vielmehr beabsichtigt war. Das geschieht mir auch oftmals deshalb, weil ich mich nicht entscheide, die Texte nochmals zu überarbeiten. Dieser hier enthält ebenfalls sehr viele Fehler, auch inhaltlicher Natur und wahrscheinlich hätte mir diese, von dir vorgeschlagene bessere Spannungskurve eher gefallen, weshalb ich den Text darauf ausgelegt hätte. Wie gesagt, mein Versehen. Dank dir für den Hinweis :)
Als Beispiel habe ich vor kurzem erst den Höhepunkt einer Geschichte gelesen, der so etwas wie den Kontrast zu deiner Version darstellt, und zwar im Buch "Der Zauberberg" von Thomas Mann die letzten fünf Seiten ungefähr (der Rest ist absolut langweilig!). Wenn du in der Nähe eine Bibliothek hast oder in einer Bücherei mal kurz ein paar Seiten lesen kannst ohne gleich das Buch kaufen zu müssen, würde ich dir die Stelle mal empfehlen - als Beispiel, dass es auch so geht
Thomas Mann ist mir nur kaum ein Begriff, allerdings hatte ich das Vergnügen, und es war wirklich eines, einen Auszug eines seiner Bücher zu hören. Ich war fasziniert - seine beschreibende Art mag vielleicht nicht jedem gefallen, aber mich interessierte es auch sehr und da erst fällt mir auf, dass allein dieses Interesse ein Kontrastprogramm zu anderen Meinungen darstellt. Letztlich will ich damit ausdrücken, dass ich mir niemals zutrauen würde, im Zuge einer Buch-Vorstellung von "langweilig" zu reden, wenn ich feststelle, dass seine Art zu schreiben jemand anderem eher gefallen würde. Es könnte sonst so interpretiert werden, als würde ich eine Meinung suggerieren oder zumindest mein Missfallen offenkundig kundtun. Dies mag nicht verkehrt sein, doch würde ich das selbst klar und deutlich kennzeichnen (bspw. durch "meiner Meinung nach...) - denn, gerade bei einem Schreiberling wie Thomas Mann, ist der Schreibstil eine Frage des individuellen Geschmacks und weniger die der Allgemeingültigkeit.

Sollte deine Aussage über die Wertung seines Buches rein persönlicher Natur sein, also nicht Bestandteil einer suggerierten Wertung, so entschuldige ich mich in aller Form. Ansonsten gilt die obige Aussage: Ich würde mir niemals zutrauen, bei Thomas Mann von "langweilig" zu schreiben. Dies ist aber meine persönliche Meinung ;) :)

Viele Grüße

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Beitrag von Sildariel »

Oh! Ich wollte eigentlich nicht Thomas Mann abwerten und habe nur vergessen, meine subjektive Stellungsnahme als solche zu kennzeichnen. Außerdem sollte ich noch anmerken, dass dieser Ausdruck meiner persönlichen Meinung nichts damit zu tun hat, dass ich etwa diesen Schreibstil schlecht finde, sondern dass dieses Buch keine großen Höhepunkte in der Spannungskurve aufweist, auf deren Fehlen sich die Bezeichnung "langweilig" nicht in dem Sinne bezog, dass diese Textpassagen etwa nicht interessant wären.

Sildariel :unschuldig:
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Beitrag von Karyptis »

Mahlzeit,

bevor wir nun anfangen, mit Hilfe von Spitzfindigkeiten uns gegenseitig zu diskreditieren, würde ich einfach vorschlagen, wir belassen es bei der simplen Tatsache, dass es missverständlicherweise für mich den Anschein machte, dass du das ganze Buch als solches als langweilig betrachtest und quasi diese Meinung sugerieren wolltest. An dieser Stelle sorry und *handreich* - letztendlich haben wir nur aneinander vorbeigeredet, was darauf zurückzuführen ist, dass ich sehr empfindlich auf unterschwellige Bewertungen reagiere, manchmal über-empfindlich.

Dennoch einen schönen Abend :)

Grüße

Censere
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